Betriebsversammlung bei der ÖBB im Juli 2014. Damals ging es um Gehaltsverhandlungen, ein legitimer Grund für eine solche Aktion.

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Anlässlich der beschlossenen Arbeitszeitreform finden derzeit in ganz Österreich Betriebsversammlungen statt, die einerseits der Information der Mitarbeiter über die gesetzlich geplante Ausweitung der Höchstarbeitszeitgrenzen und deren Auswirkungen und andererseits der allgemeinen Unmutsäußerung über das Regierungsvorhaben dienen. Für die Betriebe haben diese Betriebsversammlungen oftmals erheblich nachteilige Auswirkungen, weil sie zu Arbeitsverzögerungen und Produktionsausfällen führen können.

Grundsätzlich finden Betriebsversammlungen mindestens einmal pro Kalenderhalbjahr sowie bei Bedarf statt. Das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) regelt die zulässigen Gegenstände einer Betriebsversammlung und nennt dabei u. a. die Behandlung von Berichten des Betriebsrates bzw. Betriebsausschusses.

Als Gegenstand für die aktuell stattfindenden außerordentlichen Betriebsversammlungen zur Ar-beitszeitreform kommt eine solche "Berichtsbehandlung" grundsätzlich in Betracht. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Betriebsbezogenheit, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Berichtsgegenstand und den betrieblichen Abläufen.

Eine solche Betriebsbezogenheit ist im Rahmen der aktuellen Thematik dann gegeben, wenn in der Betriebsversammlung sachliche Informationen zu konkreten, betrieblichen Auswirkungen der Arbeitszeitreform erteilt werden – so etwa allfälliger Anpassungsbedarf von bestehenden Gleitzeitvereinbarungen oder aktuell geltenden Schichtplänen. Sollte in der "Betriebsversammlung" jedoch nur generell über das Regierungsvorhaben berichtet werden, wäre die Betriebsbezogenheit zu verneinen. "Betriebsversammlungen" aus bloßen Gründen von Protesten, Unmutsäußerungen oder politischen Kundgebungen sind nicht gesetzmäßig und stellen eine unzulässige Arbeitsniederlegung im Sinne eines Kurzstreiks dar. Dies dürfte für zumindest einige der derzeit stattfindenden Protestaktionen zutreffen.

Eine Woche Vorlaufzeit

Die Einberufung einer Betriebsversammlung hat überdies mindestens eine Woche vor deren Stattfinden zu erfolgen. Nur bei Vorliegen wichtiger Gründe ist eine sofortige Einberufung zulässig. Ob der Anlass der bevorstehenden Arbeitszeitreform, die im September 2018 in Kraft treten soll, eine sofortige Einberufung erfordert, ist höchst fraglich. Der Betriebsinhaber ist daher grundsätzlich unter Einhaltung der Wochenfrist von einer geplanten Betriebsversammlung zu informieren.

Grundsätzlich finden Betriebsversammlungen mindestens einmal pro Kalenderhalbjahr sowie bei Bedarf statt.
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Zudem kommt, dass Betriebsversammlungen grundsätzlich nur dann während der Arbeitszeit und in den Betriebsräumlichkeiten stattfinden dürfen, wenn dies dem Betriebsinhaber unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse zumutbar ist und der Betriebsablauf möglichst wenig gestört wird.

Betriebsversammlungen sind im Übrigen nicht öffentlich. Während Vertreter der zuständigen freiwilligen oder gesetzlichen Interessenvertretung teilnehmen dürfen, haben andere betriebsfremde Personen, z. B. Vertreter politischer Parteien, kein Teilnahmerecht. Ihre Anwesenheit auf dem Betriebsgelände kann der Betriebsinhaber untersagen.

Arbeitnehmer, die an unzulässigen – also nicht korrekt einberufenen, nicht richtig durchgeführten und/oder ein unzulässiges Thema behandelnden – Betriebsversammlungen teilnehmen, haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung; diese Zeit ist entweder einzuarbeiten oder führt zu einer Gehaltsreduktion. In besonderen Fällen kommen weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht.

Zur Verhinderung einer bevorstehenden, rechtswidrigen Betriebsversammlung kann der Betriebsinhaber grundsätzlich auf Unterlassung klagen und unter Umständen eine einstweilige Verfügung beantragen. Dies vor allem dann, wenn eine zu kurzfristig einberufene oder terminlich unzumutbare Betriebsversammlung einen unverhältnismäßigen Schaden verursachen würde (z. B. bei Verkehrs- oder sonstigen systemerhaltenden Betrieben). Zudem hat der Betriebsinhaber die Möglichkeit einer Feststellungsklage, mit der er feststellen lassen kann, dass die Betriebsversammlungen zu bestimmten Zeiten nicht abgehalten werden dürfen oder umgekehrt nur zu bestimmten Zeiten stattzufinden haben. Ob dies in der Praxis tatsächlich geschieht, ist eine andere Frage. Arbeitgeber entscheiden sich aus oft nachvollziehbaren Gründen häufig dafür, einer solchen Eskalation aus dem Weg zu gehen. (Jana Eichmeyer, Karolin Andréewitch, 9.7.2018)