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Premierministerin Theresa May und ihr Kabinett haben am Freitag beraten und eine wirtschaftsfreundliche Variante gewählt, mit der ein harter Brexit vermieden werden soll.

Foto: Joel Rouse/MOD/Handout via REUTERS

Das könnte eine harte Nuss für die EU werden: Großbritannien will zwar aus der Europäischen Union austreten, beim Handel mit Waren und agrarischen Erzeugnissen aber weiterhin Freihandel mit dem Kontinent betreiben. Premierministerin Theresa May und ihr Kabinett haben mit dem Plan eine wirtschaftsfreundliche Variante gewählt, mit der ein harter Brexit – ein EU-Austritt ohne eigene Rahmenvereinbarung mit der Union – vermieden werden soll. Das ist vor allem für britische Exporteure wichtig, deren Absatzchancen sich mit der Einführung von Zöllen und anderen Handelsbarrieren durch die EU dramatisch verschlechtern würden. Das wiederum beeinträchtigt Investitionen in Großbritannien und gefährdet zahlreiche Werke. Doch die neue Regierungslinie wirft auch viele Fragen auf.

Zentraler Punkt ist, wie der Freihandel funktionieren soll, wenn es gleichzeitig keine Zollunion mit der EU gibt. Der Aspekt war den Briten wichtig, ermöglicht doch ein eigenes Außenhandelsregime den Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten. Das Königreich könnte beispielsweise mit den USA einen aus Regierungssicht attraktiven Vertrag vereinbaren, während die Verhandlungen zwischen Washington und Brüssel stocken. Brexiteers haben immer wieder betont, dass der Freihandel mit anderen Ländern die Einbußen im Warenverkehr mit der EU überkompensieren könnte.

Zwei verschiedene Systeme möglich

Der britische Mittelweg könnte – um beim Beispiel USA zu bleiben – folgende Variante bringen: London schafft in einem Freihandelsabkommen mit Washington Autozölle ab, während die EU amerikanische Pkw-Importe weiterhin mit einem Aufschlag von zehn Prozent belegt. Das Problem: Was passiert mit einem Wagen, der von Großbritannien weiter nach Belgien verkauft wird? May meint, dass es zwei verschiedene Systeme geben wird. Keine Zölle im Handel mit britischen und europäischen Waren; und ein eigenes Regime für Produkte, die importiert und – eventuell nach weiterer Bearbeitung im Königreich – weiterverkauft werden. Hier würden die Briten einen eigenen Zoll einheben.

Das führt aber zu der Frage, wie das kontrolliert wird. Die EU hat auch mit anderen Ländern wie der Türkei ein Freihandelsabkommen, doch dieses wird durch einheitliche Außenzölle abgesichert. Wenn es diese Zollunion nicht gibt, muss die EU den Handel mit Dritten unter die Lupe nehmen. Das könnte zu Wartezeiten beispielsweise an Häfen führen. Auch der Personenverkehr müsste kontrolliert werden, könnten doch Private die Zollunterschiede ausnützen. Ganz zu schweigen von der irischen Grenze, an der May den freien Handel aufrechterhalten will. Doch Antworten auf die Frage, wie die Einhaltung der Regeln überwacht werden soll, gibt es bisher nicht.

Dann wäre da noch die Frage der EU-Position. Die Union hat sich bisher gegen "Rosinenpicken" ausgesprochen. Entweder Binnenmarkt inklusive freien Personen-, Kapital- und Dienstleistungsverkehrs oder gar nichts. Auch für die Briten wird das eine harte Nuss. Banken beispielsweise müssten künftig eine Lizenz in der EU beantragen, wollten sie in Europa mitspielen. (red, 8.7.2018)