Frankreich-Coach Didier Deschamps war bereits als Spieler Weltmeister.

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Dienstag 10.7.: Frankreich gegen Belgien ab 20:00 im Liveticker

Der erste Finalist der WM 2018 wird am Dienstag in Sankt Petersburg ermittelt. Frankreich (mit seiner jungen, wilden Generation) und der kleine, oft bespöttelte Nachbar Belgien (mit seiner seit Jahren goldenen Generation) bespielen sich. Zum 75. Mal übrigens. Nur diesmal mit mehr Brisanz als sonst eh schon, denn nicht wenige meinen, es wäre das eigentliche Finale.

Unbestritten wird dieses erste Halbfinale eine sehenswerte Angelegenheit. Sowohl Frankreich als auch Belgien strotzen vor Offensivkraft. Das müsste aber auch heißen, dass sie diese eben auch zum Einsatz zu bringen haben. Und weil auch das breite Scheiberln ihre Sache nicht ist, darf man sich auf einen veritablen, weil vertikalen Schlagabtausch freuen.

Zumal beide bis oben hin voll sind mit Zuversichten. "Wir müssen jetzt den Traum bis zum Ende träumen", forderte etwa Frankreichs junger Bayer Corentin Tolisso von sich und seinen Freunden.

Belgiens goldene Generation hat den größten Erfolg des Fußballlandes schon erreicht. 1986 in Mexiko verlor man erst das Spiel um Platz drei. 2:4 in der Verlängerung. Gegen Frankreich!

Im belgischen Tor stand damals Jean-Marie Pfaff. Und der einstige Weltklasse-Keeper sagt jetzt: "Belgien kann den WM-Titel schaffen. Zumindest ins Finale kommen. Der Halbfinalgegner habe nämlich ein schwerwiegendes Zusatzproblem, und das "sitzt auf der belgischen Bank".

Thierry Henry, mit dem französischen Coach Didier Deschamps 1998 Welt- und 2000 Europameister, kümmert sich im belgischen Trainerteam speziell um die Offensive. Aber Pfaff meint, damit sei die Rolle des Franzosen nur unzulänglich beschrieben. Henry, mit 51 Treffern französischer Rekordtorschütze, sei überhaupt ein Vertrauter von Trainer Roberto Martinez, "er hört ihm zu" und manchmal wohl auch auf ihn, denn "bestimmt geht auch die ein oder andere taktische Umstellung auf eine Idee Henrys zurück".

Defensive Geheimnisse

Etwa die Umstellung auf die Viererkette und die sehr offensivere Positionierung von Kevin de Bruyne gegen Brasilien. Diesen, den Zangler Eden Hazard und den Bullenstürmer Romeu Lukaku? wird er nun wohl auch besonders eingeweiht haben in die allfälligen Geheimnisse französischer Defensivarbeit, die ja auch nicht unüberwindlich scheint.

Frankreichs Außenverteidiger Lucas Hernandez erinnert aber auch nicht zu Unrecht ans Achtelfinale, das 4:3 über Argentinien und den kaum vorgekommenen Lionel Messi: "Wir haben bereits den besten Spieler der Welt eliminiert, er hat den Ball kaum berührt."

Etwas, was sich allerdings auch über Belgiens Abwehr rund um Vincent Kompany sagen lässt. Oder erinnert sich wer an ein besonderes Viertelfinal-Highlight von Neymar?

Die vielleicht einzige Schwäche Frankreichs ist das zeitweilige Ins-Kraut-Schießen jugendlichen Überschwangs. Die gelbe Karte des Kylian Mbappé gegen Uruguay wegen einer saudepperten Schwalbe ist da ein schönes Beispiel dafür. Dem Trainer ist das – nona – nicht verborgen geblieben. "Manchmal sieht man noch den Mangel an Erfahrung." Aber was für Deschamps bei weitem mehr wiegt: "Wir haben auch so viele Qualitäten."

Da mögen ihm wohl auch Roberto Martinez und sein Thierry Henry nicht widersprechen. Die Qualitäten klingen mittlerweile wie ein Gedicht: Paul Pogba, N'Golo Kanté, Blaise Matuidi und dann Kylian Mbappé, Olivier Giroud, Antoine Griezmann.

"Na und?", erwidert man in Belgien mit eigener Poesie. De Bruyne ist kämpferisch: "Wir wollen ins Finale, in das Spiel, auf das die ganze Welt schaut. Nur darum geht es." Defensivkollege Nacer Chadli aufmunternd: "Wenn du Brasilien besiegst, musst du niemanden fürchten. Wir sind bereit." (sid, wei, 9.7.2018)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zum Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland am Dienstag:

Frankreich – Belgien (St. Petersburg, Stadion St. Petersburg, 20.00 Uhr MESZ/live ORF eins, SR Cunha/URU)

Frankreich: 1 Lloris – 2 Pavard, 4 Varane, 5 Umtiti, 21 Hernandez – 13 Kante, 6 Pogba – 10 Mbappe, 7 Griezmann, 14 Matuidi – 9 Giroud

Ersatz: 16 Mandanda, 23 Areola – 3 Kimpembe, 17 Rami, 19 Sidibe, 22 Mendy, 8 Lemar, 12 Tolisso, 15 N'Zonzi, 11 Dembele, 18 Fekir, 20 Thauvin

Teamchef: Didier Deschamps

Belgien: 1 Courtois – 2 Alderweireld, 4 Kompany, 5 Vertonghen – 22 Chadli, 8 Fellaini, 6 Witsel, 11 Carrasco – 7 De Bruyne – 9 Lukaku, 10 E. Hazard

Ersatz: 12 Mignolet, 13 Casteels – 3 Vermaelen, 20 Boyata, 23 Dendoncker, 16. T. Hazard, 17 Tielemans, 19 Dembele, 14 Mertens, 18 Januzaj, 21 Batshuayi

Es fehlt: 15 Meunier (gesperrt)

Teamchef: Roberto Martinez (ESP)