Trypanosoma brucei, der Erreger der afrikanischen Schlafkrankheit, tritt vor allem in West- und Zentralafrika auf. Die durch die Tsetse-Fliege übertragene Krankheit greift das zentrale Nervensystem an und verursacht schwere neurologische Störungen, unbehandelt kann sie tödlich sein.

Was die Therapie schwierig macht: Die Erreger sind trickreich, um der menschlichen Immunabwehr zu entkommen. Die einzelligen Parasiten sind von einer dichten Schicht identischer Proteine bedeckt, den sogenannten VSGs (Variable Surface Glycoproteins). Gegen diese Proteine richten sich die Antiköper des infizierten Menschen – und eliminieren damit einen Großteil der Krankheitsverursacher. Doch gelegentlich wechseln einzelne Erreger ihr Oberflächenprotein komplett aus. Dazu schalten sie einfach auf ein anderes VSG-Gen um, von dem sie etwa tausend unterschiedliche Varianten zur Verfügung haben.

"Das ist, als würden sie einen neuen Mantel anziehen", sagt Nina Papavasiliou, Immunologin im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Die so maskierten Trypanosomen werden von den Antikörpern nicht mehr erkannt, vermehren sich rasend, und die Infektion, die das Immunsystem zunächst in Schach gehalten hatte, flammt wieder heftig auf.

Einfluss von Zuckerketten

"Wir sind jahrzehntelang davon ausgegangen, dass nur die veränderten Aminosäurebausteine der neuen VSGs dafür verantwortlich sind, dass die Erreger dem Immunsystem entkommen", sagt Erec Stebbins vom DKFZ. "Doch jetzt haben wir entdeckt, dass auch Zuckermoleküle eine Rolle dabei spielen und es dem körpereigenen Immunsystem noch schwerer machen, mit dem Parasiten fertig zu werden."

Stebbins und sein Team haben nun verschiedene VSGs per Röntgenstrukturanalyse untersucht. Bei einem der Moleküle, VSG3, entdeckten die Forscher auf der dem Immunsystem zugewandten "Außenseite" Bindestellen für Zuckermoleküle. Um herauszufinden, ob die Zuckerketten Einfluss auf die Vermehrung der Parasiten und auf den Erfolg der Immunabwehr haben, entwickelten die DKFZ-Forscher mit molekularbiologischen Methoden Trypanosomen, deren VSG3 die Zuckerbindestelle fehlte.

Der Effekt: Während Mäuse, die mit normalen Trypanosomen infiziert wurden, schnell an der Infektion starben, überlebten die Tiere eine Infektion mit "zuckerfreien" Trypanosomen und konnten den Erreger nach einigen Tagen gänzlich aus ihrem Blut eliminieren. Wurden die Versuchstiere mit zuckerfreien, abgetöteten Trypanosomen geimpft, entwickelten sie eine schützende Immunantwort. Die Übertragung von Erregern mit normalem, zuckerhaltigem VSG löste hingegen keinen Impfschutz aus.

Genaue Funktion noch ungeklärt

Die Bindestellen für den Zucker fanden die Forscher nicht nur am VSG3, sondern auch bei zahlreichen anderen VSGs. "Die Zuckerketten des VSG legen die Immunabwehr nicht komplett lahm. Aber sie behindern sie eindeutig. Neben dem Umschalten auf neue VSGs sind die verschiedenartigen Zucker eine zusätzliche Strategie, mit der die Parasiten es dem Immunsystem schwer machen, den Erreger zu eliminieren", erklärt Papavasiliou. Wie genau die Zucker das Abwehrsystem behindern, können die Forscher derzeit noch nicht sagen. "Möglicherweise verdecken sie teilweise die Bindestellen der Antikörper", mutmaßt Stebbins. (red, 10.7.2018)