Graz – Im Grazer Straflandesgericht wurde am Dienstag der Prozess gegen 17 Anhänger der rechtsextremen Identitären Bewegung fortgesetzt. Allen Beschuldigten wird die Teilnahme an einer kriminellen Organisation vorgeworfen, einigen auch Verhetzung, Sachbeschädigung und Nötigung. Am vierten Tag konnte wieder ohne den Störsender, den das Gericht aktiviert hatte, kommuniziert werden.

Einer der Befragten gab an, er sei als Berufssoldat an der Grenze beim Flüchtlingsstrom 2015 mit den Identitären in Berührung gekommen und habe sich dann der Bewegung, die er als "Sprachrohr für Patrioten" empfand, angeschlossen.

Keine leitende Funktionen

Jene Beschuldigten, die am Dienstag zu Wort kamen, hatten alle keine leitenden Funktionen in der IBÖ. Unter ihnen ist ein 27-jähriger Student, der an den Aktionen in Graz und Klagenfurt teilgenommen hat. Bei der Parteizentrale der Grünen in Graz stiegen die Aktionisten aufs Dach, entrollten ein Transparent mit der Aufschrift "Islamisierung tötet" und gossen Kunstblut darüber, dann hielt einer noch eine Ansprache über ein Megafon. "Wir wollten Kritik an der Expansion des radikalen Islam üben", lautete die Erklärung für diese Aktion. "Man könnte sagen, das ist generell Kritik an der Religion des Islam", warf der Richter ein. "Nein, Islamisierung ist ein politischer, kein religiöser Begriff", entgegnete der Student.

Der nächste Befragte war "seit dem ersten Stammtisch" 2012 bei der IBÖ. "Es gab keine patriotische Jugendbewegung. Wir hatten das Gefühl, dass sich viele nicht trauen, ihre Meinung zu äußern", erläuterte er seine Beweggründe. Auch er war an der Grazer Aktion beteiligt, er musste aufs Dach der Parteizentrale klettern, das Transparent entrollen und Kunstblut verschütten. "Danach habe ich mich ein wenig aus der IBÖ herausgenommen", schilderte er. Mitglied – wenn auch nur zahlendes – sei er aber bis heute.

Demos an der Grenze

Ein weiterer Angeklagter war erst Ende 2015 mit der Bewegung in Kontakt gekommen, und zwar bei seinem Einsatz als Berufssoldat an der steirisch-slowenischen Grenze. Dort gab es Demonstrationen "von Antifa-Bewegungen und den Identitären", schilderte er. "Warum haben Sie sich der IBÖ angeschlossen und nicht den Antifa-Gruppen?", fragte der Richter. "Ich habe gesehen, wie einseitig die Berichterstattung war." Die IBÖ sei ein Sprachrohr für Patrioten und habe darauf hingewiesen, dass die Politik dort nicht alles richtig mache. Der 26-Jährige war auch bei der Klagenfurter Aktion an der Uni dabei, als eine Vorlesung gestürmt und eine Steinigung nachgestellt wurde. "Was war Ihre Aufgabe?", fragte der Richter. "Bei der Türe stehen und sie aufhalten", antwortete der Befragte. "Das ist wenig spektakulär", räumte der Vorsitzende ein.

Zuvor hatte es drei Verhandlungstage lang im Bereich des Schwurgerichtssaals keinerlei Mobilfunkempfang für Handys, Laptops, Tablets und ähnliche Geräte gegeben. Eigentlich hätte der Störsender, mit dem das Gericht unerlaubte Kommunikation nach außen unterbinden wollte, bereits am dritten Verhandlungstag wieder außer Betrieb sein sollen, erklärte Gerichtspräsidentin Caroline List.

Handys von Journalisten mussten ausgeschalten bleiben

In der Aussendung der Pressestelle vor dem Prozess hieß es noch, die Verwendung elektronischer Geräte im Verhandlungssaal sei verboten – wie sich zeigte, hatten sich bis zum dritten Tag nur Journalisten an die Vorgaben gehalten. Einige Zuhörer hatten ihre Laptops und Tablets sehr wohl in Betrieb, was aber niemanden zu kümmern schien. Penibel wurde aber darauf geachtet, dass Journalisten ihre Handys ausschalten.

Urteil für Ende Juli erwartet

Nachdem die Befragung der Beschuldigten früher als erwartet beendet werden konnte, wird die Verhandlung erst am 18. Juli fortgesetzt. Dann steht die Anhörung von Zeugen auf dem Programm. Ein Urteil wird bis Ende Juli erwartet. (red, APA, 10.7.2018)