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Wo die Menschen verschwinden, kehren die Tiere zurück.
Foto: AP/Mykhailo Markiv /Presidential Press Service Pool

Columbia – Nicht nur im kaum noch mit großen Raubtieren vertrauten Mitteleuropa werden die Wanderungen von Wölfen mit Argusaugen mitverfolgt. Eine Region von besonderem Interesse findet man auch weiter östlich, nämlich in der Sperrzone von Tschernobyl.

1986 eingerichtet, hat diese Zone einen Radius von 30 Kilometern rund um das Katastrophen-Kraftwerk und ist vollkommen menschenleer – abgesehen von gelegentlichen Besuchern wie Wissenschaftern oder Touristengruppen mit Hang zum Makabren. Einigen Tierarten ist die weitestgehende Abwesenheit des Menschen offenbar zugute gekommen, wenn auch nicht allen. Gliederfüßer wie Spinnen und Insekten, die ihre Eier auf kontaminiertem Boden ablegen, haben Probleme. Große Säugetiere hingegen gedeihen: In den vergangenen Jahrzehnten wurden unter anderem steigende Bestände von Wildschweinen und Elchen registriert – und eben auch von Wölfen.

Wege nachverfolgt

Ein Forscherteam um Michael Byrne von der University of Missouri hat sich die Wolfsbestände nun genauer angesehen. Vor allem wollten die Biologen wissen, ob die Wölfe in der sicheren Sperrzone bleiben oder diese auch verlassen. In weiterer Folge sollte damit geklärt werden, ob die Sperrzone vom bloßen Refugium zum Reservoir werden könnte, von dem aus Wildtiere umgebende Regionen wiederbesiedeln.

14 Wölfe auf der weißrussischen Seite der Sperrzone wurden mit GPS-Halsbändern versehen. Und einer davon, ein junges Männchen, verließ die Zone tatsächlich, wie die Forscher im "European Journal of Wildlife" berichten. Er wanderte im Verlauf von 21 Tagen über eine Strecke von 369 Kilometern. Sein weiterer Weg konnte aufgrund technischer Probleme nicht mehr nachverfolgt werden – also auch nicht, ob er wieder in die Sperrzone zurückkehrte.

Ein Wolf klingt nach nicht viel, doch es ist der erste eindeutig nachgewiesene Fall und einer von nur 14 untersuchten. Die Gesamtpopulation an Wölfen in der Sperrzone wird auf etwa 150 geschätzt. Es ist also davon auszugehen, dass auch andere Tiere ins Umland wandern. Die Forscher vermuten daher, dass die Sperrzone von Tschernobyl tatsächlich zum Ausgangspunkt einer Wiederbesiedlung angrenzender Gebiete durch Wildtiere werden kann.

Bedenken und ein kleines Scherzchen

Sie gehen in ihrem Paper zwar darauf ein, dass diese Tiere aufgrund der Strahlenbelastung genetische Mutationen in sich tragen und in der Folge verbreiten könnten. Byrne beeilte sich in einem Interview mit der Nachrichtenseite "Live Science" aber umgehend, reißerische Vorstellungen im Stil des dreiäugigen Fischs der "Simpsons" im Keim zu ersticken : "Es gab dort keine Wölfe, die leuchteten. Sie haben alle vier Beine, zwei Augen und einen Schwanz." (jdo, 15. 7. 2018)