Horst Seehofer bei der Präsentation des "Masterplans Migration".

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"Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69 (...) Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden. Das liegt weit über dem, was bisher üblich war", sagte der deutsche Innenminister Horst Seehofer unlängst bei einer Pressekonferenz. Er zeigt sich also unverschämt zufrieden, zählt anstatt Geburtstagskerzen nun Abschiebungen und betont im Nebensatz: "Das war von mir nicht so bestellt". Als ob man Rückführungen einfach so bestellen könnte wie ein Weißbier am Oktoberfest. Gleichzeitig lehnt er sich in seinem Stuhl leger zur Seite, schmunzelt leicht und spricht von einer "Anstrengung".

Es ist eine Geste, an Zynismus nicht zu überbieten. Wo bleibt hier eigentlich das christlich-soziale Verhalten dieses Christlich-Sozialen? Ja, man muss andere Meinungen akzeptieren, auch wenn sie völlig konträr zur eigenen sind. Ja, man muss versuchen, sie nachzuvollziehen und sie zu verstehen. Aber das – das ist keine Meinung. Das ist Häme. Das ist Schadenfreude. Das ist eine Emotion – und die ist in dieser Weise absolut verachtenswert.

An Abschiebungen ergötzen

Ich bin es leid, Männern in Anzügen dabei zuzusehen, wie sie sich an der Zahl der Abschiebungen ergötzen. Wie sie versuchen, sich gegenseitig zu überbieten wie beim Karteln am Stammtisch. Und wie sie damit – wie im aktuellen Fall – ihren eigenen Geburtstag abfeiern. Ich bin empört über diese Niedertracht, die bei vielen Persönlichkeiten derzeit Einzug hält und schamlos öffentlich ausgelebt wird. Und ich bin nicht bereit, das zu dulden.

"Das Volk will, dass die Flüchtlingsfrage endlich gelöst wird", hört man da – wie erbärmlich es doch ist, eine solch komplexe Thematik bei öffentlichen Auftritten bewusst auf eine einzige (!) Frage zu reduzieren. Natürlich, je mehr Fragen es gibt, desto mehr Fragen muss man sich auch selbst stellen. Und das ist problematisch, wenn man sich selbst nicht gerne reflektiert – aus Faulheit, aus Dummheit oder doch aus Angst, etwas festzustellen, das man doch eigentlich gar nicht feststellen möchte?

Kämpfer gegen das Unrecht?

Und dabei gibt die Pressekonferenz doch eines preis: Während angeblich "nur gegen die Schlepper" vorgegangen werden soll, zeigt sich in einem solchen Moment, dass sie alle in Wirklichkeit sehr wohl gegen die Menschen an sich sind. Sie produzieren sich selbst als Retter des Volkes, als kritische Betrachter der EU, als Kämpfer gegen das Unrecht. Dabei sind sie nicht mehr als menschenverachtende Wohlstandsjünger, die jeglichen Bezug zu ethischen und moralischen Mindeststandards verloren haben. Es ist Zeit, aufzustehen und Nein zu sagen – immer wieder. (Matthias Fasching, 12.7.2018)