Die derzeitigen UN-Pläne zum Artenschutz sind vielen Forschern auf der Welt zu wenig – sie fordern Verbesserungen.

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Die Regulierungen der UN-Biodiversitätskonvention erschweren die wissenschaftliche Entnahme von Bodenproben und behindern die internationale Forschungszusammenarbeit. Knapp 180 Forscher aus aller Welt fordern in einem Ende Juni im Fachmagazin "Science" veröffentlichten Positionspapier die Änderung des internationalen Abkommens.

Restriktive nationale Regelungen

Die Ziele der UN-Konvention sind klar: die Förderung der biologischen Vielfalt, die Nachhaltigkeit und die faire Verteilung der Vorteile, die aus der Nutzung genetischer Ressourcen entstehen. Die Umsetzung des zuletzt genannten Zieles wird im Protokoll von Nagoya genauer definiert und überträgt den Nationalstaaten Rechte zur Nutzung ihrer biologischen Ressourcen. Seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2014 haben viele Länder aus Angst vor Bio-Piraterie und in der Erwartung Gewinne zu erzielen, restriktive Verordnungen zur besseren Kontrolle ihrer genetischen Ressourcen erlassen.

Problematisch ist die vage Begriffsdefinition in den UN-Dokumenten. So wird beispielsweise nicht explizit zwischen der kommerziellen Nutzung von genetischen Ressourcen und der wissenschaftlichen Untersuchung unterschieden. Da die Umsetzung bei den Nationalstaaten liegt, wird es für Wissenschafter in Ländern in Südamerika, Südasien und Ostafrika immer schwieriger, Genehmigungen für Bodenproben zu erhalten. Damit wird die Forschung zur Artenvielfalt behindert, und rückt das Erreichen der Konventionsziele in weite Ferne. Zunehmend bedroht der Klimawandel zunehmend die Artenvielfalt.

Die internationale Forschergruppe, darunter auch die beiden Österreicher Andreas Kroh (Kurator am NHM Wien) und Tobias Pfingstl (Biologe der KF-Universität Graz), fordert jetzt eine Nachbesserung des bestehenden Vertrages. Diese Änderungen sollen die internationale Forschungszusammenarbeit fördern und den Zugang zu genetischen Ressourcen für essentielle Nahrungs- und Futtermittel sicherstellen. Ähnlich wie das Pariser-Klimaschutzabkommen, ist die Implementierung der Biodiversitätskonvention freiwillig und obliegt den unterzeichnenden Staaten. Die USA, zweitgrößter Klimasünder weltweit, haben die UN-Konvention bislang nicht ratifiziert.

Die halbe Welt als Naturschutzzone

Das Ausmaß des gegenwärtigen Artensterbens verlangt nach effizienteren Maßnahmen. Für Naturschützer Eric Dinerstein und seine Forscherkollegen ist die UN-Biodiversitätskonvention nicht ausreichend, um das Artensterben zu stoppen. Er und seine Forscherkollegen forderten vergangenes Jahr einen neuen globalen Vertrag zur Artenvielfalt, ähnlich dem Pariser Klimavertrag. Darin enthalten: die massive Ausweitung der weltweiten Grünflächen und geschützten Zonen, sowie die Stärkung der Rechte indigener Völker.

Der neue Vertrag soll auf dem "Half World"-Konzept des Evolutionsbiologen E.O. Wilson basieren. Wilson will in seinem 2016 vorgestellten Plan die halbe Welt unter Naturschutz stellen. Neben Staaten soll auch der Privatsektor in die Pflicht genommen werden. Viele Unternehmen seien laut Wilson vom Funktionieren des Ökosystems abhängig und dadurch gewillt, die Biodiversität zu erhalten.

Der ambitionierte Plan, die halbe Welt zur Naturschutzzone zu machen, mag absurd wirken, die aktuellen Entwicklungen verdeutlichen aber die Notwendigkeit eines radikalen Wandels. Die Erderwärmung schreitet unaufhörlich voran und das Artensterben hat ein bedrohliches Ausmaß erreicht. Die Umwelt ist ein Gemeingut, jahrzehntelang haben wir sie gemeinsam ausgebeutet, jetzt ist es Zeit sie gemeinsam schützen. (Soraya Pechtl, 18.7.2018)