Abt Anselm van der Linde musste wegen Missbrauchsvorwürfen gegen Mitbrüder vor Gericht.

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Bregenz – Sang- und klanglos hat sich Anselm van der Linde als Abt der Territorialabtei Wettingen-Mehrerau verabschiedet. In einer dünnen Presseaussendung ließ der 47-Jährige via PR-Agentur die Öffentlichkeit über seinen Abgang informieren. Erreichbar sei der Abt nicht, er befinde sich bereits im Ausland, "um eine Sabbatzeit zu genießen", sagt sein Sprecher Harald Schiffl.

Van der Linde, gebürtiger Südafrikaner, wurde 2008 auf Lebenszeit gewählt, geht aber bereits nach zehn Jahren. Seine Aufgabe, die nahe Bregenz gelegene Abtei, zu der 21 Klöster mit unterschiedlichen Wirtschaftsbetrieben gehören, "wirtschaftlich auf tragfähige Beine zu stellen", habe er erfüllt, lässt der Abt mitteilen. Zudem habe er die Schule neu organisiert, für Mädchen geöffnet. Auch die Mönchsgemeinschaft sei neu geordnet.

Abt in Krisenzeiten

Nach zehn schwierigen, aber auch erfolgreichen Jahren "lege ich mein Amt mit Dankbarkeit und in großer Demut nieder", lässt van der Linde mitteilen. Er orientiere sich dabei an Papst Benedikt, der auch erkannt habe, "wann die Zeit gekommen ist".

Van der Linde, der als Abt auch Mitglied der Bischofskonferenz ist, war gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit Missbrauchsvorwürfen gegen Ordensbrüder aus der Amtszeit seines Vorgängers konfrontiert. Erst nach für die Betroffenen zermürbenden Prozessen war das Kloster zu Vergleichen bereit. "Die Aufarbeitung dieser beschämenden und unverzeihlichen Ereignisse hat mich unglaubliche Kraft und Energie gekostet", teilt van der Linde mit.

Zukunft ungewiss

Sein Pressesprecher betont, dass es für den Rückzug keine gesundheitlichen Gründe gebe. Auch keine Rüffel aus Rom für zu moderne Ansichten zu Sexualität oder Frauenweihe. Es sei ganz einfach die Entscheidung gereift, das Amt einem anderen zu überlassen. Die 25 Mönche werden voraussichtlich noch dieses Jahr einen neuen Abt wählen. Interimsleiter der Territorialabtei ist nun Prior Vinzenz Wohlwend.

Ob van der Linde einfacher Mönch bleibt, Karriere in Rom macht oder in einen weltlichen Beruf geht, kann Schiffl nicht sagen. Der calvinistisch getaufte van der Linde hatte, bevor er zum Katholizismus konvertierte, Politikwissenschaften studiert und im südafrikanischen Außenministerium gearbeitet. (Jutta Berger, 12.7.2018)