Ein Flüchtling verlässt das Schiff Diciotti.

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Rom – Die 67 Flüchtlinge, die im Mittelmeer von der italienischen Küstenwache aufgegriffen wurden, haben das Schiff nach Angaben italienischer Medien verlassen. Fernsehbilder zeigten, wie sie am Donnerstag kurz vor Mitternacht von Bord gingen und in einen schwarzen Bus stiegen, der von Polizeifahrzeugen begleitet wurde.

Zuvor hatte Regierungschef Giuseppe Conte am Donnerstagabend angekündigt, die Migranten dürften die Diciotti verlassen, sobald ihre Personalien festgestellt worden seien.

Verbot vom Innenminister

Das Schiff hatte am Nachmittag im Hafen der sizilianischen Stadt Trapani angelegt. Den Migranten war jedoch untersagt worden, von Bord zu gehen. "Ich erlaube niemandem, die Diciotti zu verlassen", hatte Innenminister Matteo Salvini am Rande des EU-Innenministertreffens in Innsbruck gesagt. "Wenn es jemand macht, dann auf eigene Verantwortung."

Laut Medienangaben intervenierte am Donnerstagnachmittag Staatspräsident Sergio Mattarella mit einem Appell an Conte, um die Situation aufzulösen. Zudem berichteten Medien, dass die Polizei zwei Personen an Bord als Schlepper identifiziert habe. Die Staatsanwaltschaft von Trapani habe daraufhin verlangt, alle Passagiere als Zeugen zu hören.

Angriffe auf Besatzung

Salvini hatte der Diciotti am Mittwoch zunächst das Anlegen verweigert. An Bord befanden sich 58 Männer, drei Frauen und sechs Kinder. Sie waren zunächst vom italienischen Schiff Vos Thalassa vor der libyschen Küste an Bord genommen worden. Einige Flüchtlinge sollen jedoch auf der Vos Thalassa gegen die Besatzung vorgegangen sein. Medienberichten zufolge schlossen sich die Besatzungsmitglieder daraufhin im Kommandoraum ein und verständigten die Rettungszentrale in Rom.

Salvini hatte am Mittwoch von "Verbrechern" und "gewalttätigen Piraten" gesprochen, die "in Handschellen" von Bord geholt werden sollten. Am Donnerstag drohte er den Flüchtlingen erneut: "Wenn es Gewalt (an Bord der Vos Thalassa) gab, werden die Verantwortlichen ins Gefängnis gehen, und wenn es nicht so war, dann hat jemand gelogen und wird die Konsequenzen tragen."

Druck auf EU-Staaten erhöhen

Der stellvertretende Ministerpräsident und Vorsitzende der fremdenfeindlichen Lega will die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge auf null senken. Im Juni hatte er entschieden, dass Schiffe von Hilfsorganisationen mit Flüchtlingen an Bord nicht mehr anlegen dürfen. Dieses Verbot will Salvini auch auf die Schiffe offizieller internationaler Missionen im Mittelmeer ausweiten. Er will damit den Druck auf die anderen EU-Staaten erhöhen, selbst Flüchtlinge aufzunehmen.

Italien ist das Hauptankunftsland für Flüchtlinge, die von Afrika aus über das Mittelmeer in die EU gelangen. Die komplette Abschottung des Landes ist allerdings innerhalb der italienischen Regierungskoalition umstritten: Der linke Flügel der mitregierenden Fünf-Sterne-Partei von Luigi Di Maio lehnt die Schließung der Häfen ab, vor allem wenn sie unter italienischer Flagge fahren. (APA, 13.7.2018)