Néstor Pitana leitet nach dem Eröffnungsspiel auch das Fußball-WM-Finale.

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Vor Jahren verdiente Néstor Fabián Pitana, am Sonntag der Schiedsrichter des WM-Finales im Fußball zwischen Frankreich und Kroatien, auch als Komparse ein wenig Geld. Er gab in einem mit La furia betitelten Actionreißer einen Gefängniswärter. Dennoch ist dem 43-Jährigen aus Corpus, einer Grenzstadt zu Paraguay im Nordosten Argentiniens, Schauspielerei auf dem Fußballplatz ein Gräuel – mit Ausnahme der eigenen Performance natürlich.

Das war besonders im WM-Viertelfinale zwischen Frankreich und Uruguay (2:0) augenfällig, als Pitana Kylian Mbappés Version des "sterbenden Schwans", die sogar einem Neymar zur Ehre gereicht hätte, mit einer Gelben Karte würdigte. Frankreichs Jungstar beschwerte sich danach via Le Figaro über Pitana. Der habe ständig maßregelnd auf ihn eingeredet. "Ich glaube, der hat irgendetwas gegen mich." Und: "Ich werde ihn morgen vergessen haben."

Am Sonntag wird Mbappés Erinnerung also aufgefrischt, was Beobachter der Szene einerseits nicht überrascht, andererseits aber gelinde gesagt stört. Dass kein Europäer das europäische Finale pfeifen würde, war vorhersehbar. Dass der Schiedsrichter des Eröffnungsspiels auch mit dem Finale betraut wird, weckt aber den Neid der Konkurrenz. Völlig unüblich ist es freilich nicht. 2006, bei der Endrunde in Deutschland, wurde diese Ehre Horacio Elizondo zuteil, dem ersten Argentinier, der ein Endspiel leitete.

Pitanas Qualitäten sind unbestritten. Er brachte die Erfahrung aus gut 400 Profispielen, in denen er fast 2000 Verwarnungen und mehr als 100 Ausschlüsse verhängte, mit nach Russland. Der Profi, der in spielfreien Zeiten als Gymnastiklehrer wirkt, absolviert im Finale seinen neunten WM-Einsatz, den fünften in Russland nach auch schon vier Partien 2014 in Brasilien. Er kam dabei ohne Rote Karte aus und zeigte im Schnitt nur zweimal Gelb. Der 1,93 Meter hohe Referee strahlt gestenreich Autorität aus, Widerspruch, überhaupt von Jungspunden wie Mbappé, toleriert er nicht.

Dennoch sahen Experten in Björn Kuipers einen würdigeren Finalschiedsrichter. Der Niederländer ist für Sonntag als vierter Offizieller eingeteilt, quasi als Back-up Pitanas, der Privates nur ungern preisgibt. Immerhin liebt der verheiratete Vater eines Sohnes neben dem Fußball eine zünftige Grillerei im Freundeskreis – was für Argentinier ja nicht ganz ungewöhnlich sein soll. (Sigi Lützow, 13.7. 2018)