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Stellvertretender Justizminister Rod Rosenstein gab die Anklagen bekannt.

Foto: Alex Wong/Getty Images/AFP

Washington – Drei Tage vor dem Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Helsinki hat die US-Justiz zwölf Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes unter Anklage gestellt. Ihnen wird vorgeworfen, für Hackerangriffe während des Wahlkampfs 2016 verantwortlich zu sein, die sich unter anderem gegen das direkte Umfeld der Trump-Rivalin Hillary Clinton richteten.

Die am Freitag erhobenen Anklagen gegen Mitarbeiter des Militärgeheimdienstes GRU bringen Trump in eine unangenehme Lage. Er möchte bei seinem ersten bilateralen Gipfel mit Putin eine Verbesserung der Beziehungen erreichen, die seit Jahren vor allem durch die russischen Interventionen in der Ukraine und in Syrien schwer belastet sind.

Nun steht der US-Präsident aber unter stark gewachsenem innenpolitischen Druck, die mutmaßlichen russischen Wahlkampfeingriffe in den Mittelpunkt des Treffens zu stellen – oder es ganz abzusagen. Bis Putin "nachprüfbare und transparente Schritte" ergreife, um auf eine Einmischung in künftige Wahlen zu verzichten, solle Trump auf ein Treffen mit ihm verzichten, forderte der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer.

Trump zweifelte

Trump hatte schon kurz vor der Veröffentlichung der neuen Anklagen bei seinem Besuch in Großbritannien angekündigt, die mutmaßlichen russischen Cyberattacken gegenüber Putin ansprechen zu wollen. Er werde dieses Thema "absolut entschlossen" aufbringen, versicherte er.

Allerdings hat Trump entgegen der Erkenntnisse der US-Geheimdienste immer wieder angezweifelt, dass Russland tatsächlich hinter den Hackerangriffen steckt. Erst Ende Juni verbreitete er die russischen Unschuldsbeteuerungen weiter: "Russland sagt weiterhin, es hatte nicht mit Einmischungen in unsere Wahl zu tun!".

Das russische Außenministerium wies die Anklage zurück. Es gebe "keinen Beweis", dass die zwölf angeklagten Personen Militärspionage oder Hacking betrieben hätten, teilte es mit. Der außenpolitische Berater Putins, Juri Uschakow, sah Gegner einer russisch-amerikanischen Annäherung hinter der Affäre. "Wenn die Amerikaner Fakten haben, werden wir sie uns anschauen, das hat unser Präsident mehrfach gesagt", sagte Uschakow der Agentur Tass zufolge. Der Streitpunkt könnte auch in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zur Abwehr von Cybergefahren besprochen werden.

Laut der jetzt erhobenen Anklage waren die GRU-Mitarbeiter seit März 2016 in Computer der Parteizentrale der Demokraten, des Clinton-Wahlkampfchefs John Podesta und anderer Mitarbeiter wie Unterstützer der Trump-Kontrahentin eingedrungen und hatten tausende E-Mails und andere Dokumente gekapert.

Brisante Informationen

Ihr Ziel sei gewesen, durch Veröffentlichung der Interna eine "Auswirkung" auf die Präsidentschaftswahl zu erzielen, sagte Vize-Justizminister Rod Rosenstein. Die ans Licht geratenen E-Mails enthielten teilweise brisante Informationen aus dem Innenleben der Clinton-Kampagne, was die Trump-Widersacherin in Bedrängnis brachte.

Die Anklagen wurden von einem Geschworenengremium erhoben und basieren auf der Arbeit des Sondermittlers Robert Mueller. Der Ex-Chef der Bundespolizei FBI geht seit Mai 2017 den mutmaßlichen russischen Wahlkampfinterventionen und möglichen illegalen Absprachen zwischen Trump-Mitarbeitern und Moskau über diese Einmischungen nach. Trump geißelt die Ermittlungen regelmäßig als gigantische "Hexenjagd".

Die nun erhobenen Anklagen enthalten keine Hinweise darauf, dass die GRU-Mitarbeiter mit Trump-Mitarbeitern in Verbindung gestanden haben könnten. Im Zuge der "Verschwörung" hätten die Geheimdienstmitarbeiter mit mehreren US-Bürgern korrespondiert, sagte Rosenstein. Die Namen nannte er nicht. Keiner dieser US-Bürger werde in der Klageschrift beschuldigt, gewusst zu haben, dass ihre Korrespondenzpartner russische Geheimdienstleute waren, sagte der Vizeminister.

"Guccifer 2.0"

Die GRU-Mitarbeiter veröffentlichten die gestohlenen Dokumente der Anklageschrift zufolge teilweise selbst, wozu sie sich fiktive Identitäten schufen, darunter "Guccifer 2.0". Über die Identität von "Guccifer 2.0" hatte es seit dem Wahlkampf viel Rätselraten gegeben.

Zudem ließen sie die gekaperten Dokumente den Angaben zufolge von einer tatsächlich existierenden anderen Organisation verbreiten, die aber in der Klageschrift nicht namentlich genannt wird. Dabei handelt es sich offenbar um die Enthüllungsplattform Wikileaks, die Tausende der von den Demokraten gestohlenen Mails veröffentlicht hatte.

Im Februar hatte der Sonderermittler 13 andere russische Staatsbürger wegen Desinformationskampagnen im Internet anklagen lassen. Bereits seit vergangenem Jahr sind aufgrund von Muellers Ermittlungen vier frühere Trump-Mitarbeiter angeklagt, darunter der kurzzeitige Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn und Ex-Wahlkampfleiter Paul Manafort. Diese Anklagen beziehen sich jedoch nicht auf mögliche Absprachen über den Wahlkampf. (APA, 13.7.2018)