Das Standortentwicklungsgesetz, mit dem die Regierung standortrelevante Großprojekte bevorzugen und Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) beschleunigen will, rückt die Ursachen für überlange Verfahrensdauern ins Blickfeld. Anhand von Lobauautobahn, Flughafenausbau und Semmeringbasistunnel zeigt sich: Es sind nicht allein Bürgerinitiativen, Umweltschützer und Querulanten, die Genehmigungsverfahren verschleppen. Über weite Strecken sind es die (teil)staatlichen Unternehmen selbst, die Verspätungen verursachen.

Den Vogel schießt die Asfinag bei der S8-Marchfeldschnellstraße ab: Allein die Vollständigkeitsprüfung der Planungsunterlagen für die UVP brauchte 36 Monate, sodass die Umweltverträglichkeitserklärung erst am 7. Juli 2014 öffentlich aufgelegt wurde. Weitere zwei Jahre vergingen mit Verbesserungsaufträgen seitens der Behörde und Projektänderungen. Teils giftige Abwässer wollte man ursprünglich ins Grundwasser ableiten statt in Vorfluter, nun gehen sie in den Marchfeldkanal. Die mündliche UVP-Verhandlung war im November 2016, seither wird über Vogelschutz, Lärm- und Luftschadstoffe gestritten – immer unter den strengen Augen der EU, die Österreich seit Jahren für unzureichende Kataster der Vogelschutzgebiete kritisiert. Aktuell geht es um den Triel, einen Watvogel, der just im Schotter des Autobahngebietes brütet. Für ihn will die Asfinag nun Grundstücke ankaufen, kündigt Asfinag-Bau-Chef Alexander Walcher an.

Die Lärmemissionen gehören zu den Herausforderungen beim Bau der Autobahn durch die Wiener Lobau und den Nationalpark Donauauen.
Fotos: Grüne; Gubisch; APA / Fohringers

Bremse für Lobauautobahn

Eine Begrenzung der Verfahrensdauer von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) auf zwei Jahre urgierte die frühere Asfinag-Führung. Verständlich, gehört der Regionenring rund um Wien mit seinem Herzstück Lobauautobahn samt neun Kilometer langem Tunnel unter der Donau doch zu den Spitzenreitern.

2019 jährt es sich zum zehnten Mal, dass der staatliche Autobahnbauer bei der Behörde im Verkehrsministerium (das praktischerweise der Eigentümervertreter der Asfinag ist) die Genehmigung des Teilstückes Schwechat-Süßenbrunn beantragte.

Die Nähe zum Eigentümer half ebenso wenig wie das nach der UVP-Verhandlung verfügte "Ende des Ermittlungsverfahrens": Die Vollständigkeitsprüfung dauerte 30 Monate, Lärm- und Luftschadstoffgutachten mussten nach und nach ergänzt werden, dennoch erteilte das Ministerium im März 2015 die Genehmigung für die Autobahn durch beziehungsweise über den Nationalpark Donau-Auen.

Ungeachtet dessen verlangt das seit 2015 parallel dazu befasste Bundesverwaltungsgericht Verbesserung und ortet Mängel in geologischen Gutachten. Die Asfinag zog Gutachten zurück, beantragte Änderungen. "Ein taugliches Lärmgutachten liegt bis heute nicht vor", kritisiert Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation Virus.

Der Semmeringbasistunnel unter dem Unesco-Welterbegebiet gehört zu den emotionalsten Projekten. Er wurde mit unrealistisch optimistischen Schienengüterverkehrsprognosen unterfüttert.
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Legendärer Semmeringbasistunnel

Er brauchte gleich zwei Anläufe. Der aktuelle aus dem Jahr 2007 ging 2015 durch – allerdings erst, nachdem der Verwaltungsgerichtshof zweimal bemüht wurde und Auflagen erteilte. Dazwischen waren Güterverkehrsprognosen falsch oder unrealistisch optimistisch, die Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht nachvollziehbar, befangene, weil früher für die ÖBB tätige Gutachter am Werk, Naturschutz- und Wasserrechtsgutachten unzureichend und die vorgeschriebene Prüfung der kumulativen Wirkung von Bahnstrecke und Semmeringschnellstraße unterlassen worden.

Fünf Mal hat der Flughafen die Planungen für die dritte Piste im laufenden Umweltverfahren geändert. Das trug nicht zur Beschleunigung bei
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Auch Flughafen nicht unbeteiligt

Ganz unbeteiligt ist der Flughafen Wien in Schwechat an den Verzögerungen beim Genehmigungsverfahren für den Bau der dritten Landepiste nicht. Das 2007 beantragte UVP-Verfahren geht inzwischen ins elfte Jahr. Rechnet man das Dialogforum hinzu, das Anfang der 2000er-Jahre mit Anrainergemeinden abgehalten wurde, sind es 17 Jahre. Als Mediationsverfahren gemäß Umweltverträglichkeitsgesetz gilt das Mediationsverfahren trotzdem nicht, denn dann hätte es erst nach Eröffnung des UVP-Verfahrens durchgeführt werden dürfen.

Die lange Dauer, die gern als Empfehlung für das neue Standortentwicklungsgesetz bemüht wird, rührt freilich aus fünf Änderungen, die der Flughafen beantragt und vorgenommen hat. "Immer zur Verbesserung und in Absprache mit Behörden, Sachverständigen und Gericht", versichert Flughafen-Chef Günther Ofner.

Vorenthalten werden der Öffentlichkeit bis dato Sachinformationen über das Millionenprojekt: Das Investitionsvolumen wird gehütet wie ein Staatsgeheimnis – wie der endgültige Verlauf der Piste (gekurvt oder gerade) und die Zahl der künftigen Flugbewegungen. Nicht nur von Ökonomen hinterfragt wird die Zahl von 30.000 Arbeitsplätzen, die durch dritte Piste und die neue Airport-City angeblich entstehen werden. (Luise Ungerboeck, 14.7.2018)