Basra/Bagdad – Im Irak reißen die Proteste gegen schlechte Lebensbedingungen nicht ab. Die hohe Arbeitslosigkeit, eine unzuverlässige Stromversorgung sowie Unmut über Korruption trieben die Menschen am Sonntag den siebenten Tag in Folge auf die Straßen. Hunderte Demonstranten versuchten in der Ölstadt Basra, den Sitz der Provinzregierung zu stürmen, wie aus Polizeikreisen verlautete.

Mehrere Menschen wurden demnach verletzt, als die Beamten dies verhinderten. Laut dem Fernsehsender Rudaw gab es sogar zwei Todesopfer. Dem Bericht zufolge feuerten die Sicherheitskräfte mit scharfer Munition. In der Provinz Muthanna starben nach Angaben eines lokalen Fernsehsenders drei Menschen. Die Polizei habe Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt sowie in die Luft geschossen. Die Proteste hatten sich in den vergangenen Tagen von Basra aus im Süden des Landes ausgebreitet, darunter auch in die für Schiiten heilige Stadt Najaf. Am Sonntag wurden Flüge dorthin aus einigen Ländern der Region vorerst eingestellt.

Gefahr für weltweite Ölpreise

Am Sonntag kam es auch in der Nähe des Ölfelds Subair des italienischen Konzerns Eni zu Unruhen. Dort wurden den Polizeikreisen zufolge rund 20 Menschen verletzt, einige von ihnen durch scharfe Munition. Den lokalen Behörden zufolge wurde die für die irakische Wirtschaft zentrale Ölförderung in Basra bisher nicht beeinträchtigt. Eine Störung der Produktion könnte nicht nur die ohnehin schwache Wirtschaft im Irak ausbremsen, sondern auch die weltweiten Ölpreise in die Höhe treiben.

Der amtierende Ministerpräsident Haider al-Abadi hat Zahlungen an Basra in Aussicht gestellt, um in der wegen ihrer vielen Kanäle als "Venedig des Nahen Ostens" bekannten Stadt die Versorgung mit Trinkwasser, Strom und medizinischen Diensten zu verbessern. Doch ob tatsächlich dort schon bald Geld ankommt, ist fraglich. Nach jahrelangen Kämpfen mit dem "Islamischen Staat" (IS) benötigt das ganze Land Milliardensummen für den Wiederaufbau. Die Proteste erschweren zugleich die laufende Regierungsbildung in dem Vielvölkerstaat, die sich schon jetzt über Monate nach der Parlamentswahl hinzieht.

Der führende schiitische Geistliche Großajatollah Ali al-Sistani solidarisierte sich mit den Demonstranten. Er äußert sich selten zur Politik, hat aber großen Einfluss auf die öffentliche Meinung. Der Süden des Irak ist das Kernland der Schiiten. In der dort gelegenen Stadt Najaf hatten Hunderte Demonstranten am Freitag den Flughafen gestürmt, der seinen Betrieb daraufhin vorübergehend einstellte. Die staatlichen Fluggesellschaften Jordaniens und Dubais kündigten daraufhin am Sonntag an, ihre Verbindungen dorthin auszusetzen. Flüge aus dem Iran werden nach Bagdad umgeleitet, wie das staatliche iranische Fernsehen berichtete. (APA, Reuters, 15.7.2018)