Kabul – Bei einem mutmaßlichen Selbstmordanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am Sonntag mindestens sieben Menschen getötet und mehr als 15 verletzt worden. Wie aus Regierungskreisen weiter verlautete, ereignete sich die Explosion in der Nähe eines Ministeriums, als die Mitarbeiter das Gebäude nach Feierabend verließen. Vermutlich habe ein Attentäter einen Sprengstoffgürtel gezündet.

Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Bereits zuvor hatten die Vereinten Nationen (UN) mitgeteilt, dass die Zahl der getöteten Zivilisten in Afghanistan weiter gestiegen sei. So fielen dem Konflikt zwischen der Regierung und Aufständischen in der ersten Jahreshälfte 1692 Zivilisten zum Opfer – so viele wie noch nie zuvor.

Höchststand

Das ist der höchste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2009. Im ersten Halbjahr 2018 wurden nach einem am Sonntag veröffentlichten Bericht der UN-Mission UNAMA mindestens 1692 Zivilisten getötet – ein Prozent mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Zugleich wurden demnach 3430 Zivilpersonen verletzt, rund fünf Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Die Hauptursache für zivile Opfer sind demnach Bomben, von denen 427 Zivilisten getötet und 986 verletzt wurden. Dem Bericht zufolge war die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für 52 Prozent aller tödlichen Selbstmordanschläge und komplexen Angriffe verantwortlich.

Bei bewaffneten Konflikten wurden demnach insgesamt 157 Frauen und 363 Kinder getötet, 387 Frauen und 992 Kinder wurden verletzt. Die Zahl ziviler Opfer allein bei Luftangriffen afghanischer und US-Truppen stieg um 52 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – dabei gab es 149 Tote und 204 Verletzte.

Insgesamt wurden im Jahr 2017 nach UN-Angaben 3438 Menschen getötet und 7015 verletzt. Afghanistan verzeichnete dabei das vierte Jahr in Folge mehr als 10 000 zivile Opfer. Die Zahlen der UN gelten als konservativ, weil die Organisation für jeden registrierten Fall mindestens drei unabhängige Quellen benötigt.

Dabei hatte eine dreitägige Waffenruhe zwischen den radikal-islamischen Taliban und den Regierungstruppen zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan im Juni Hoffnungen auf ein Ende der Gewalt genährt. Doch zugleich nahm die Zahl von Selbstmordanschlägen, zu denen sich die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannte, zu.

Zivilisten wurden den UN zufolge aber noch immer vor allem Opfer von Kämpfen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen, obwohl diese Zahl um fast ein Fünftel zurückging. Die Zahl der zivilen Opfer von Luftangriffen nahm dagegen um mehr als 50 Prozent zu. Nach der Strategie der USA sollen die Taliban mit verstärkten Luftangriffen zu Friedensgesprächen gezwungen werden.

Die Taliban haben Verhandlungen bisher abgelehnt und fordern dagegen den Abzug ausländischer Truppen. Es wird befürchtet, dass die Gewalt in Afghanistan im Vorfeld der für Oktober geplanten Parlamentswahlen noch zunimmt. (APA, 15.7.2018)