Seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren hat Theresa May viele Ratschläge – gute und gut gemeinte – zu der Frage erhalten, wie sich der vom britischen Volk mehrheitlich beschlossene EU-Austritt bewerkstelligen lässt. Kaum eine Wortmeldung fiel so absurd aus wie der Vorschlag von US-Präsident Donald Trump: Statt in langwierige Verhandlungen einzutreten solle die Premierministerin den Brüsseler Club doch verklagen.

Eine Klage – mit welcher Begründung? Und mit welchem Ziel? Die Fragen zu stellen verdeutlicht die Realitätsferne dieser Einlassung. Sie lässt sich eigentlich nur mit dem unbändigen Hass auf die Brüsseler Institutionen erklären, den Trump und viele seiner britischen Verehrer teilen.Mays konservative Regierung hat vergangene Woche ein Weißbuch vorgelegt. Es erscheint vielen auf dem Kontinent illusionär, fasst aber wenigstens nachvollziehbare Ideen zu einer mehr oder weniger kohärenten Politik zusammen. Statt des bisher propagierten harten Brexit mit dem kompletten Austritt aus Binnenmarkt und Zollunion strebt London nun eine Hybridlösung an, die der weiterhin engen wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Kontinent in einem Assoziationsvertrag Rechnung trägt.

Dass die Labour-Opposition opportunistisch taktiert, dass Liberaldemokraten und schottische Nationalisten an der Maximalforderung einer Abkehr vom Brexit festhalten – geschenkt. Von den regierenden Torys aber erwarten die Briten einen nachvollziehbaren Plan, wie der binnen gut acht Monaten anstehende EU-Austritt bewerkstelligt werden soll. Solange EU-Feinde wie die zurückgetretenen Minister David Davis und Boris Johnson dazu nur heiße Luft à la Trump beizutragen haben, stellen sie keine Alternative zu May dar. (Sebastian Borger aus London, 15.7.2018)