Wien – Die quantenmechanische Verschränkung ist nicht nur ein philosophisch anregendes Konzept, sondern eröffnet auch diverse praktische Anwendungen. Verschränkte Teilchen bleiben über weite Distanzen hinweg miteinander verbunden. Wird eines von ihnen gemessen, wird damit auch instantan der Zustand des anderen Teilchens festgelegt.

Auf diesem Prinzip basierend können Botschaften verschlüsselt und abhörsicher übermittelt werden – zumindest in der Theorie, denn in der Praxis gilt es noch einige Hürden zu überwinden. Eine davon betrifft effiziente Messen-Methoden um mehrdimensionale Verschränkungen festzustellen. Dafür haben Wiener Forscher nun im Fachblatt "Nature Physics" eine Lösung vorgelegt. Durch den neuen Ansatz könne die Übertragungsrate von Information in Quantensystemen erhöht werden.

Quanten-Bits

Ansätze zur Informationsübertragung auf Quanten-Basis könnten zukünftig auch in eine Art Quanten-Internet münden. In der konventionellen Quantenkryptografie kann zwischen einem verschränkten Photonenpaar jedoch nur immer eine Informationseinheit (Bit) übertragen werden, zum Beispiel durch die Richtung der Polarisation, die dann für "null" oder "eins" steht.

Wiener Forscher fanden heraus, dass zwei Messeinstellungen mit einer speziellen mathematischen Eigenschaft können unerwartet viel über die Verschränkung von Quantensystemen aussagen.
Foto: IQOQI Wien/Harald Ritsch

Mittlerweile verschränken Physiker aber Lichtteilchen auch auf vielschichtigere Art und Weise. So können auch mehr als zwei Photonen verschränkt werden – und das nicht nur in zwei ("null" oder "eins"), sondern in mehreren Dimensionen. Könnte man etwa zwei Spielwürfel verschränken, wären diese – wegen der sechs Möglichkeiten – in sechs Dimensionen verbunden.

Interdisziplinäres Team

Das aus Physikern, Mathematikern und Computerwissenschaftern bestehende Team um Marcus Huber vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat die Photonen über ihren sogenannten orbitalen Drehmoment verschränkt, also wie sie sich im Raum ausbreiten. Hier wurden gar elf unterschiedliche Drehmomente unterschieden. Dadurch kann viel mehr Information pro Photon sicher übermittelt werden, was die Übertragungsraten bei der Quantenkommunikation erhöhen würde.

Das vollkommen neue Konzept zur Messung von Quantenverschränkung wurde auch experimentell nachgewiesen. Im Bild die beteiligten ÖAW-Quantenphysiker rund um Forschungsgruppenleiter Marcus Huber (2. v.r.).
Foto: ÖAW/IQOQI Wien/Klaus Pichler

Dazu muss man aber zunächst feststellen, ob die höherdimensionale Verschränkung auch tatsächlich vorliegt. Je mehr Informationen mit den Photonen allerdings transportiert werden, desto mehr Messungen müssten bei konventioneller Herangehensweise durchgeführt werden. Das gefährdet die fragilen Quantenzustände und macht die technische Umsetzung kompliziert. Die Wiener Physiker haben auf diese Problemstellung eine Antwort gefunden.

Zwei Fragen, viele Antworten

Obwohl man in diesen höheren Dimensionen eine unendliche Vielzahl an unterschiedlichen Messungen machen könnte, die allesamt eine Vielzahl an Antworten liefern, haben die Wiener Physiker gezeigt, dass es für jeden Quantenzustand zwei spezielle Messungen gibt, mit denen dieser Zustand eindeutig festgelegt werden kann. "Es ist also sozusagen möglich mit bloß zwei Fragen die Antwort auf alle möglichen Fragen über den Zustand der Photonen zu erhalten", sagte Huber. Die neue Methode sei zudem effizienter und robuster gegenüber Störungen als bisherige Ansätze. Dass ihre Idee tatsächlich auch in der Praxis funktioniert, haben die Forscher dann auch bereits in ihren Experimenten gezeigt. (APA/trat, 16.7.2018)