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Italien erlaubte die Landung von 450 Bootsflüchtlingen. Spanien, Portugal, Deutschland, Malta und Frankreich haben sich bereiterklärt, je 50 Personen aufzunehmen. Irland will 20 aufnehmen.

Foto: AP/Francesco Ruta

Wien/Rom – Österreich wird keine der jüngst in Italien gestrandeten 450 Migranten aufnehmen. Das teilte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seinem italienischen Amtskollegen Giuseppe Conte in Brief mit. Als Grund nennt Kurz, Österreich habe seit 2015 "gemessen an der Bevölkerungszahl" mehr Asylanträge als "viele andere" EU-Staaten angenommen.

Zwei Schiffe der italienischen Marine hatten die Flüchtlinge am Samstag aus prekärer Lage von einem Holzboot im Mittelmeer gerettet und in italienische Gewässer gebracht. Conte hatte daraufhin in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Staaten "ein klares Zeichen" für Solidarität in der EU gefordert und die Bereitschaft, "die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, einen Teil der rund 450 geretteten Personen in einem Hafen zu empfangen oder sie aufzunehmen".

Deutschland, Frankreich, Malta, Portugal und Spanien hatten nach langen Verhandlungen zugesagt, je 50 Personen zu übernehmen. Irland will 20 aufnehmen.

IOM: die meisten Ankünfte in Spanien

In Spanien kommen derzeit nach Einschätzung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am meisten Flüchtlinge an. Bis Mitte Juli 2018 seien dort 18.000 Männer, Frauen und Kinder über das westliche Mittelmeer eingetroffen, hieß es am Dienstag in Genf. Zusätzlich hätten fast 3.000 Migranten versucht, über die in Nordafrika gelegenen spanischen Gebiete Melilla und Ceuta einzureisen.

Damit habe sich 2018 die Zahl der Flüchtlinge auf der westlichen "Mittelmeer-Route" im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast verdreifacht und übertreffe nun die Ankünfte in Italien und Griechenland, teilte die IOM mit. In Italien seien etwa 80 Prozent weniger Flüchtlinge angekommen als in den ersten sieben Monaten 2017. Konkret zählten die Behörden noch 17.800 Ankünfte. Italiens neue Populisten-Regierung fährt seit Wochen einen harten Kurs in der Flüchtlingspolitik.

In Griechenland steigt nach IOM-Angaben die Zahl der Migranten wieder und liegt nun bei 14.700. Insgesamt sind den Angaben zufolge bis Mitte Juli knapp 51.000 Menschen übers Mittelmeer nach Europa gekommen. 2017 waren es noch 110.000, 2016 gar 241.000. Die IOM schätzt die Zahl der in diesem Jahr bei der Überfahrt ertrunkenen Menschen auf knapp 1.500.

Hilfsorganisationen fordern rechtsstaatliche Verfahren

Hilfsorganisationen richteten indes einen Appell an die österreichische und europäische Politik. Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und Volkshilfe fordern unter anderem eine Reform des Dublin-Systems, die Rettung von Menschen in Seenot im Mittelmeer, die Gewährleistung des Zugangs zu einem fairen Asylverfahren und verstärkte Hilfe in den Herkunftsländern der Geflüchteten.

Dass sich die aktuelle Diskussion über die österreichische Asylpolitik vor allem um stärkeren Grenzschutz und Pläne, Asylanträge nur noch außerhalb der EU zuzulassen, dreht, stößt bei den Hilfsorganisationen auf Kritik. Sie befürchten, dass sowohl in Österreich als auch in der Europa nicht mehr der Schutz der Geflüchteten, sondern der Schutz der Grenzen im Vordergrund stehe.

Man wende sich gegen die "Zurückweisung von schutzsuchenden Menschen an der europäischen Grenze" und gegen den Plan, Geflüchtete in Staaten außerhalb von Europa "aus- bzw. zwischenzulagern", heißt es in der Aussendung. Der Zugang zu einem fairen und rechtsstaatlichen Verfahren in Europa müsse für Asylsuchende jederzeit gewährleistet sein.

Menschen in Seenot müssen gerettet werden

Eine wesentliche Forderung der Hilfsorganisationen ist, dass Menschen in Seenot im Mittelmeer gerettet werden müssen und zivile Seenotrettungsorganisationen nicht an ihrer Arbeit gehindert werden dürfen. Auch eine Ausschiffung in den nächsten europäischen Hafen müsse möglich sein, was in den letzten Wochen nicht immer der Fall war. "Das Recht auf Leben gilt auch auf Hoher See", so die Organisationen.

Unumgänglich sei außerdem eine Reform des Dublin-Systems. Man müsse nationale Alleingänge und Abschottung hinter sich lassen und zu einer solidarischen Aufnahme der Geflüchteten in der EU finden. Gleichzeitig ist für die Hilfsorganisationen die Hilfe in den Herkunftsländern von großer Bedeutung. Hier fordern sie eine Aufstockung der bilateralen direkten Entwicklungszusammenarbeit um jährlich 15 Millionen Euro bis 2021 und eine Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds.

In weiteren Forderungen sprechen sich die Hilfsorganisationen auch gegen die Abschiebung von Geflüchteten in Staaten, in denen ihnen Folter oder unmenschliche Behandlung drohen, für eine Förderung der Integration und gegen das Schüren von Angst aus. (APA, 17.7.2018)