Daer japanische Ministerpräsident Shinzo Abe, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker unterzeichneten am Dienstag das bisher größte Handelsabkommen zwischen der EU und Japan.

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Brüssel – Die Europäische Union hat mit Japan ihr bisher größtes Freihandelsabkommen unterzeichnet. Das gaben der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Dienstag in Tokio bekannt. Der seit 2013 vorbereitete Pakt soll Zölle und andere Handelshemmnisse abbauen, um das Wachstum anzukurbeln und neue Jobs zu schaffen.

Die EU und Japan unterzeichneten am Dienstag ein neues Freihandelsabkommen. Es soll Handelshemmnisse wie Zölle abbauen, um das Wachstum anzukurbeln.
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Er gilt auch als Signal an US-Präsident Donald Trump, dem die EU und Japan eine Abschottungspolitik vorwerfen. Das Jefta-Abkommen soll im kommenden Jahr in Kraft treten und 99 Prozent aller Zölle zwischen den beiden Wirtschaftsräumen beseitigen.

Anstieg der Exporte erwartet

"Heute ist ein historischer Tag", erklärten EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der japanische Regierungschef Shinzo Abe. "Wir feiern die Unterschrift unter ein sehr ehrgeiziges Abkommen zwischen zwei der größten Volkswirtschaften der Welt."

Die EU beziffert die Einsparungen durch das Abkommen für Exporteure auf jährlich rund einer Milliarde Euro. Aufgrund der Größe des japanischen Marktes mit 127 Millionen Menschen erwartet die EU einen deutlichen Anstieg der Exporte. Kritiker warnen hingegen davor, dass Umwelt- und Konsumentenschutzstandards künftig kaum mehr verbessert werden könnten.

EU-Abgeordnete uneins

Paul Rübig, ÖVP-Außenhandelssprecher im Europäischen Parlament, begrüßte das Abkommen und sieht darin Wachstumschancen für die österreichische Wirtschaft. Japan sei seit vielen Jahrzehnten ein zuverlässiger Partner Europas, sagte Rübig. "Mit dem Vertragsabschluss erwarten wir für unsere heimischen Exporteure Zuwachschancen, insbesondere bei Lebensmitteln, im Maschinenbau und bei Chemikalien. Das sichert nachhaltig Jobs und Wohlstand in Österreich und Europa." Bereits heute würden durch EU-Exporte nach Japan 600.000 Arbeitsplätze in Europa geschaffen, bekräftigte der ÖVP-Europaabgeordnete.

Michel Reimon, Co-Delegationsleiter der Grünen im Europaparlament, kritisierte indes, dass das Abkommen das Vorsorgeprinzip der EU unterlaufe und den Umwelt- und Konsumentenschutz sowie öffentliche Dienstleistungen wie etwa die Wasserversorgung gefährde. "Wir haben hier dasselbe Problem wie bei Ceta (Handelsabkommen der EU mit Kanada, Anm.): Wenn Dienstleistungen liberalisiert sind, kann es nicht mehr rückgängig gemacht werden." Trotz der massiven Bürgerproteste gegen TTIP (geplatztes Handelsabkommen mit den USA, Anm.) und Ceta würden die Kommission und die Mitgliedstaaten erneut versagen, eine faire und nachhaltige Handelspolitik zu etablieren, so Reimon.

"Konzerne werden mitentscheiden, welche Regeln zwischen der EU und Japan 'harmonisiert' werden sollen. Das stellt ihre Profitinteressen über soziale und ökologische Erwägungen", kritisierte David Walch von Attac Österreich. So hätte die EU-Kommission zwischen Jänner 2014 und 2017 190 Treffen mit Konzernlobbyisten, dagegen kein einziges mit Gewerkschaften oder Klein- und Mittelständlern. Dies zeige, dass das Abkommen mit Japan ein Abkommen von Konzernen für Konzerne sei.

Wirtschaftsvertreter froh, Arbeitnehmervertreter skeptisch

Wirtschaftsvertreter bejubeln den Abschluss von Jefta. "Das Exportland Österreich kann sich vom EU-Abkommen mit Japan viele Vorteile erwarten", sagte Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer. AK-Pendant Renate Anderl hingegen sieht "wieder eine Chance vertan".

"Mit der heutigen Unterzeichnung des Abkommens zwischen der EU und Japan wurde erneut eine Chance vergeben, um die Globalisierung durch Handelsabkommen gerechter zu gestalten", bedauerte Anderl in einer Aussendung und bekräftigte damit die AK-Kritik an Jefta. Ihr zufolge könnte eine sogenannte Regulierungskooperation im Rahmen von Jefta "fatale Folgen haben: Bestehende Regulierungen und Regulierungsvorhaben könnten dann als Handelshemmnis eingestuft werden. Alle Standards stehen zur Disposition, Ausnahmen für Lebensmittel, Gesundheit, Konsumentenschutz und Arbeitsstandards sind nicht vorgesehen."

Mahrer hingegen sieht vor allem Chancen auch für heimische Klein- und Mittelbetriebe, "die mit ihren Vorleistungen als Zulieferer für die Exportwirtschaft tätig sind oder auch direkt exportieren", betonte Mahrer in einer Aussendung. Hohe Zölle und unnötige bürokratische Schranken belasteten KMUs überdurchschnittlich. Neben dem Abbau von Zöllen und Erleichterungen wie einfacheren Zulassungsverfahren ist außerdem ein eigenes KMU-Förderungsprogramm vorgesehen, so der WKÖ-Chef.

IV sieht Jefta als "wichtiges Signal"

Ähnliches verlautete von der Industriellenvereinigung (IV). Jefta sei "ein wichtiges Signal gegen protektionistische Politik, die unter dem Strich nur Verlierer und keine Gewinner schafft", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Das Abkommen sei "ein zentraler Baustein für den weltweiten Marktzugang heimischer und europäischer Unternehmen", teilte er in einer Aussendung mit.

Michael Löwy, IV-Bereichsleiter Internationale Beziehungen, sagte im Gespräch mit der APA, dass der Rückzug der USA auf globaler Ebene handels- und klimapolitisch ein bedauerliches Vakuum schaffe, das aber mit Chancen für eine stärkere Rolle der EU verbunden sei. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, dass die EU einen besseren Zugang mit fairen Wettbewerbsbedingungen zu gewissen Märkten wie eben Japan herstelle. "Es geht um eine Integration von Wirtschaftsräumen nicht nur für Wachstum, sondern auch für politische Stabilität", sagte Löwy. "Daher ist das Jefta-Abkommen im globalen Kontext als wegweisend zu bewerten."

Schramböck sieht neue Chancen

Lob für Jefta kam auch einmal mehr von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). "Made in Austria ist in Japan immer noch ein starkes Zugpferd, und unsere Firmen sind in der Region sehr erfolgreich. Mit diesem Abkommen wollen wir neue Chancen ergreifen und vorhandenes Potenzial besser nützen. Das sichert Jobs und Wertschöpfung im Inland und ist Zukunftsvorsorge für die nächsten Generationen", so die Politikerin und frühere Managerin.

Wohlwollend reagierte auch die Oppositionspartei der Neos auf das Abkommen. "Die Europäische Union hat unter Beweis gestellt, dass sie weiterhin in der Lage ist, moderne und ausgewogene Handelsabkommen abzuschließen. Von Jefta werden beide Seiten profitieren – es entstehen neue Perspektiven und neue Chancen für europäische Unternehmen", hieß es von der EU-Abgeordneten Angelika Mlinar in einer Aussendung. (APA, 17.7.2018)