In der Dokumentation von Channel 4 werden schwere Vorwürfe gegen Facebook erhoben.

Foto: Channel 4

Der Datenschutzskandal um Cambridge Analytica ist kaum aus den Schlagzeilen verschwunden, schon droht Facebook neuerlich Ungemach. In einer am Dienstagabend ausgestrahlten Reportage des britischen Senders Channel 4 werden schwere Vorwürfe gegen das Netzwerk erhoben. Der Sender hatte einen Journalisten als Moderator eingeschleust.

Wie der "Guardian" vorab berichtet, lässt Facebook demnach Seiten mit vielen Mitgliedern eine Sonderbehandlung zukommen. Während kleine Auftritte nach einigen Regelverstößen gesperrt werden, kämen etwa große rechtsextreme Gruppen trotz offensichtlicher Vergehen ungeschoren davon.

Shielded Review

Publiziert eine Seite binnen eines gewissen Zeitraums mehr als fünf Postings, die den Gemeinschaftsrichtlinien zuwiderlaufen, wird sie normalerweise stillgelegt. Nicht aber, wenn sich dort viele Nutzer versammeln. Dann kommt nach der Erstbegutachtung durch Mitarbeiter von externen, von Facebook angeheuerten Firmen eine weitere Stufe hinzu.

Diese nennt sich "Shielded Review" und wird bei Facebook selbst durchgeführt. Der Prozess ist eigentlich für staatliche Auftritte und Seiten von Medien gedacht. Offenbar greift er aber auch bei rechtsextremen Gruppen wie "Britain First". Die Folge: Hassreden und Gewaltbilder blieben stehen.

Gewaltfotos blieben online

Beide Augen drückt man demnach auch bei Gewaltfotos zu, berichtete ein Moderator dem eingeschleusten Reporter. Ein Bild aus dem Jahr 2012 soll etwa einen Mann zeigen, der ein kleines Kind schlägt, und 44.000-mal geteilt worden sein. Ein anderes zeigt ein Mädchen, dessen Kopf unter Wasser gedrückt wird, mit dem Untertitel "Wenn die erste Liebe deiner Tochter ein kleiner Negerbub ist". Facebook sei deswegen untätig, weil publikumsstarke Seiten dem Konzern mehr Umsatz bescheren, so der Mitarbeiter.

Der Moderator erzählte dem Channel-4-Mitarbeiter weiters, dass die Kontrolleure angewiesen werden, Bildbeweise dafür, dass eine Person jünger als 13 Jahre ist, zu ignorieren – bis die Person selbst ihr Alter nennt. Offiziell ist die Verwendung des Netzwerks erst ab 13 Jahren erlaubt.

Facebook: Hassrede nicht gut für den Umsatz

Facebook hat bereits eine Reaktion darauf veröffentlicht und auch ein volles Transkript des in der Sendung auszugsweise gezeigten Interviews mit Policy-Chef Richard Allen verfügbar gemacht. Man gesteht dabei "Fehler" ein und untersuche bereits, wie es zu diesen Problemen gekommen sei. Einen Teil führt man darauf zurück, dass manche Ausbildner "altes Material mit falschen Beispielen" verwendet hätten.

Den Vorwurf, dass man problematische Inhalte dulde, um den Umsatz zu steigern, weist Facebook zurück. Vielmehr sei es wichtig, eine "sichere Umgebung" zu schaffen, da andernfalls langfristig die Nutzer abspringen würden. Zudem seien auch Werbepartner daran interessiert, dass ihre Einschaltungen nicht neben problematischen Inhalten auftauchen.

Dem widerspricht in der Reportage allerdings ein früher Facebook-Investor namens Roger McNamee. Gerade "extremistische Inhalte" seien "sehr profitabel". Denn gerade diese würden enorm aktive Nutzer anziehen. (gpi, 17.7.2018)