Willie Walsh nahm in Wien die goldene Schere zur Hand.

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Den Kampf mit der Konkurrenz sieht er gelassen.

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Wien – Die goldenen Scheren zum Durchschneiden des rot-weiß-roten Bandes wurden vermutlich extra angeschafft. Zwar sind derzeit in Wien hochrangige Airlinemanager häufiger als sonst zu Gast, alle Tage kann man einen wie Willie Walsh, CEO der International Airlines Group (IAG), aber auch nicht auf dem Flughafen Schwechat begrüßen. Zumindest offiziell. Sehr wahrscheinlich hat auch der Bieterkampf um Niki den Iren nach Wien geführt. Dass Niki Lauda der IAG-Tochter Vueling die Ex-Air-Berlin-Tochter vor der Nase weggeschnappt hat, ist allerdings schon wieder Vergangenheit.

Jetzt blickt Walsh optimistisch in die Zukunft. Er hat sich kurzerhand dafür entschieden, mit der Low-Cost-Marke Level ab sofort eine eigene Österreich-Tochter im Kampf um die preisbewussten Kunden auf dem Flughafen Wien ins Rennen zu schicken. Die Erstflüge hoben am Dienstag nach London-Gatwick und Palma de Mallorca ab. Bis zum 13. August nimmt Level ein Streckennetz mit vorerst 14 Zielen, hauptsächlich in Spanien und Italien, auf.

Austro-Tochter

Ganz fertig ist man mit den Vorbereitungen offensichtlich nicht geworden. Die Level-Österreich-Seite im Internet ist noch im Entstehen. Derzeit landen Buchungswillige auf der Vueling-Seite. Auch künftig wird das Buchungssystem mit jenem der spanischen Schwester verknüpft sein.

Im Gegensatz zu Laudamotion kooperiert Level mit Reiseveranstaltern, die mit Level-Flügen Pauschalreisen schnüren. Gegründet wurde die Gesellschaft Anfang des Jahres als Anisec GmbH, also unmittelbar, nachdem die Niki-Übernahme gescheitert ist. Level Österreich hat seinen Firmensitz in Wien und eine österreichische Fluglizenz. Die 200 Mitarbeiter – rund 160 davon fliegendes Personal – sind bei Anisec angestellt. Auf viel kritisierte Leasing-Konstruktionen, wie einst Niki und später Laudamotion sie hatten, verzichtet man. Wartung und Technik übernimmt die AUA, für die Abfertigung (inklusive Lebensmittelbelieferung) sorgt Celebi.

Die IAG, der dritte große Player in Europa neben der AUA-Mutter Lufthansa und dem irischen Billigflieger und Laudamotion-Miteigentümer Ryanair, hat mit Level ambitionierte Pläne. Derzeit umfasst die Flotte in Wien vier geleaste Airbus A321, allesamt einst im Bestand von Air Berlin. Geht es nach Walsh, soll die Wiener Basis in zwei Jahren auf 14 bis 15 Mittelstreckenmaschinen und in fünf Jahren auf 30 Maschinen anwachsen. Schon 2019 will man in Österreich profitabel sein.

Gekommen, um zu bleiben

"Wir sind gekommen, um zu bleiben", sagt Österreich-Manager Frank Glander. Er spielt damit auf Spekulationen an, dass angesichts des jüngsten Billigfliegergedrängels in Wien der eine oder andere Neuzuzug schnell wieder seine Zelte abbauen könnte. Flughafenchef Julian Jäger glaubt das indes nicht. Der Low-Cost-Anteil in Wien liege derzeit bei rund 20 Prozent, weit entfernt von europäischen Verhältnissen mit bis zu 40 Prozent.

Es gebe nach der Air-Berlin-Pleite mehrere Airlines, die in diese Lücke stoßen und zur Nummer zwei auf dem Flughafen Schwechat werden wollten – das erkläre den aktuellen Wettbewerbsdruck. Neben Level sind das Laudamotion, die ungarische Wizz Air, die wohl nicht von ungefähr ausgerechnet am Dienstag verkündet, hier bemerkenswerte Erfolge seit ihrem Start vor drei Monaten zu verbuchen – sowie die Lufthansa-Billigtochter Eurowings.

Keine Angst vor der Konkurrenz

Auch Walsh sieht ausreichend Potenzial in der österreichischen Hauptstadt, auch für die Kurzstreckentochter Vueling, die durchaus neben Level bestehen könne. Den Konkurrenzkampf scheut Walsh nach eigenem Bekunden nicht. Auf die Frage, wer den Wettbewerb zwischen Level und Laudamotion für sich entscheiden werde, sagte er nur, die Gewinner seien die Konsumenten. Sie könnten sich über günstige Tickets freuen – siehe die Ein-Cent-Aktion zum Start. IAG konkurriere in mehreren Ländern mit der Laudamotion-Mutter Ryanair, dem größten Low-Cost-Anbieter Europas.

Künftig könnten die Passagiere ab Wien auch Langstreckenziele erreichen. Fix ist das noch nicht. Wien gehöre jedenfalls neben anderen Städten zu jenen Destinationen, von wo ebenfalls Langstreckenflüge geprüft würden, sagt Walsh. Derzeit sei man im Gespräch mit mehreren Flughäfen. Von Paris und Barcelona aus fliegt IAG schon jetzt unter der Marke Level auch zu weiter entfernten Zielen in Nordamerika.

Zu den in jüngerer Vergangenheit immer häufiger beklagten Verspätungen und Flugausfällen will Level übrigens nicht beitragen, beteuert Österreich-Manager Frank Glander. Man habe ausreichend Pufferzonen zwischen den Flügen eingeplant, damit sich eine Verspätung nicht auf den nächsten Flug übertrage. "Wir fahren mit anfangs zwei Flügen pro Tag den Flugbetrieb sehr defensiv hoch." Außerdem habe man für den Fall des Falles ein Ersatzflugzeug samt Crew bereit. (Regina Bruckner, 18.7.2018)