Roth: "Ich wollte aber auch auf dem Land nicht auf Kultur verzichten.."

Foto: Kulturverein St. Ulrich

Der Schriftsteller Gerhard Roth ist auch ein begnadeter Fotograf. Zuletzt ist der Bildband "Spuren" im Residenz-Verlag erschienen.

Foto: Toppress Austria

In den Achtzigerjahren habe ich Alban Bergs Biografie gelesen, weil ich ein großer Fan von Arnold Schönberg und seiner Zwölftonmusik war. Da habe ich das Haus auf der Weinebene gefunden, in dem Berg mehrmals einige Wochen zu Gast war und komponiert hat, das war sehr entlegen. Es hat mir Mut gemacht, selbst so weiterzumachen. Das Finden einer neuen Tonsprache ist für mich epochal. Denn ich war auch auf der Suche nach meiner eigenen Sprachform. Im Roman "Landläufiger Tod" habe ich sie schon gefunden, im "Orkus" wieder.

Ich bin ja aufs Land gezogen, ich war zuerst in Obergreith, jetzt lebe ich schon lange in Kopreinigg bei St. Ulrich. Man sieht und hört in der Natur ganz andere Dinge: Die Formen der Blätter, wie verschieden sie sind, die Art, wie Pflanzen wachsen und was wir daraus lernen können. Ich habe versucht, die Sprache der Tiere zu erahnen, bei den Vögeln gelingt mir das schon gut. Ich kann hier unter dem Nussbaum arbeiten. Ich wollte aber auch auf dem Land nicht auf Kultur verzichten. So entstand nach langen Gesprächen mit einem Freund hier, der Lehrer in der Weinbauschule ist, die Idee zum Greith-Haus in St. Ulrich (Bild).

Immer Neues entdecken

Man erfährt in der Natur, dass man nicht reisen muss, um immer etwas Neues zu entdecken. Gleich in der Nähe vom Greith-Haus sind vier Teiche, die kann man in 45 Minuten abwandern. Man sieht hier die vier Jahreszeiten vergehen, das ist in der Stadt nicht möglich. Ich gehe hier oft spazieren, beobachte und fotografiere auch. Wenn im Frühling der Schnee schmilzt, siehst du in den Schneeresten die Krokusse stehen, das ist wunderbar. Da gibt es eine Bank, von der aus ich die Frösche beobachte. Das ist ein Trubel, wenn sie sich begatten. Die Kaulquappen bilden zu Hunderten dunkle Wolken im Wasser. Dann ist dieser Zauber wieder vorbei.

Im Greith-Haus muss man nur nach den vier Teichen fragen, sie befinden sich gleich daneben. Einige Fotos, die ich hier gemacht habe, sind noch bis Ende August im Literaturhaus in Wien zu sehen. Wenn man in der Nähe essen will, empfehle ich den Gasthof Safran in Eibiswald. (Aufgezeichnet von Colette M. Schmidt, 25.7.2018)