Warschau/Brüssel – Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs in Polen, Małgorzata Gersdorf, trotzt weiterhin dem Zwangsruhestand und ist am Dienstag zur Arbeit zurückgekehrt. Gersdorf habe "ihren Urlaub unterbrochen" und sei wieder zur Arbeit erschienen, erklärte ein Sprecher Gerichts. Als Grund nannte er eine "sich ändernde Situation" bei dem Gericht.

Zuletzt waren Vorwürfe gegen den Richter Józef Iwulski laut geworden, der Gersdorf während ihrer Abwesenheit vertreten sollte. Er soll Medienberichten zufolge in den 1980er-Jahren an Prozessen gegen die Opposition beteiligt gewesen sein. Iwulski kann sich daran nach eigener Aussage jedoch "nicht erinnern".

"Keinen Anspruch auf Urlaub"

Gersdorfs Rückkehr wurde von einem Sprecher des polnischen Präsidenten Andrzej Duda scharf kritisiert. "Ein pensionierter Richter kann seinen Urlaub nicht unterbrechen, weil er keinen Anspruch auf Urlaub hat", erklärte der Präsidentensprecher. Für Mittwochmorgen ist vor dem Parlament in Warschau eine Demonstration gegen die Regierung geplant.

Anfang des Monats war eine umstrittene Reform in Kraft getreten, die die Altersgrenze für Richter am Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre senkte. Damit wurden 27 der 73 Richter in den Zwangsruhestand geschickt. Das Gesetz ist Teil der Justizreformen von Polens rechtskonservativer Regierung. Wegen der Reformen leitete die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Warschau ein. (APA, 18.7.2018)