Berlin/Wien – Aufatmen bei ARD und ZDF: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am Mittwoch klargestellt, dass der Rundfunkbeitrag in Deutschland im Wesentlichen verfassungsgemäß ist und in seiner derzeitigen Form bleiben kann. Änderungen mahnt es lediglich für Besitzer von Zweitwohnungen an. 7,9 Milliarden Euro kamen im Jahr 2017 über den Rundfunkbeitrag in Deutschland zusammen.

Seit 2013 muss jeder Wohnungsinhaber pro Monat 17,50 Euro im Monat bezahlen – egal ob er in der Wohnung alleine lebt oder ob er sie mit mehreren Personen teilt. Das Gericht sieht im Rundfunkbeitrag einen "individuellen Vorteil". Denn die öffentlich-rechtlichen Sender böten "durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen Orientierungshilfe". Der Beitrag garantiere "ein umfangreiches, so auf dem freien Markt nicht erhältliches Angebot".

Thema Zweitwohnsitze

In der mündlichen Verhandlung hatten die Intendanten der Sender betont, dass das öffentlich-rechtliche Angebot gerade in Zeiten von Fake-News wichtig sei. Allerdings, so das Gericht, müsse der Gesetzgeber einen Punkt korrigieren: Wer zwei (oder mehrere) Wohnungen besitzt, müsse künftig nur noch einmal zahlen.

In Österreich sieht der Gesetzgeber derzeit vor, dass für Zweitwohnsitze GIS-Gebühren zu zahlen sind – für mindestens vier Monate im Jahr. Rund 775 Millionen Euro kamen hierzulande 2017 über das Gebührensystem herein. Davon gingen 625 Millionen an den ORF, den Rest verteilten Bund und Länder.

Einen Rundfunkbeitrag, wie er in Deutschland von Wohnungsinhabern eingehoben und eine Zeitlang auch hierzulande diskutiert wurde, lehnte die jetzige ÖVP-FPÖ-Regierung bei Plänen zu einem neuen ORF-Gesetz klar ab. Überlegungen, die GIS-Gebühr ganz abzuschaffen und den ORF aus dem Staatsbudget zu finanzieren, dürften hingegen nicht vom Tisch sein.

Intendanten von ARD und ZDF begrüßen Urteil

Die Intendanten von ARD und ZDF haben das Urteil des deutschen Verfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag begrüßt. Es sei "ein sehr gutes, wegweisendes Urteil", sagte der derzeitige ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm. Es stärke die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Die Verfassungsrichter hätten den Sendern aber auch ins Stammbuch geschrieben, verantwortungsvollen Journalismus zu liefern. ZDF-Intendant Thomas Bellut sprach von einem "guten Tag" für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland. Das Gericht habe aber auch klar gemacht, dass die Qualität des Angebots der Sender entscheidend sei. Das Urteil ermutige das ZDF deshalb, ernsthaft weiterzuarbeiten.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Malu Dreyer (SPD), begrüßte das Urteil ebenfalls. Die Länder hätten mit dem Beitrag pro Wohnung "nicht nur ein zulässiges, sondern auch ein sachgerechtes Kriterium gewählt", erklärte Dreyer. Mit Blick auf die Neuregelung zu Zweitwohnungen hob sie hervor, die Frist bis Mitte 2020 zeige, dass sich auch das Gericht der "Komplexität der Angelegenheit sehr bewusst" sei.

Die FDP-Bundestagsfraktion forderte als Konsequenz aus dem Urteil eine "umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks". Bildung, Kultur und Informationsvermittlung müssten "den überwiegenden Anteil des künftigen Programms ausmachen", erklärte der FDP-Abgeordnete Thomas Hacker. Die AfD kritisierte das Urteil scharf. Dies werde den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber nicht "aus seiner Legitimationskrise retten", erklärte der Abgeordnete Martin Renner. (bau, prie, APA, 18.7.2018)