In Äthiopien unterstützt Österreich unter anderem Frauen dabei, beruflich unabhängig zu werden.

Foto: ADA/Gutenbrunner

Die Bilder der hungernden Kinder in Äthiopien aus den Achtzigerjahren sind noch immer in den Köpfen hierzulande präsent. Auch wenn sich die Lage gebessert hat und das Land am Horn von Afrika über geradezu sagenhafte Wachstumsdaten verfügt – bis heute ist Äthiopien eines der Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungshilfe. Neben Ernährungssicherheit, Hygiene und Bildung ist auch die Entwicklung demokratischer Strukturen ein Grundpfeiler der Austrian Development Agency (ADA). Die Wienerin Astrid Wein leitet seit drei Jahren deren Büro in der Hauptstadt Addis Abeba und hat dem STANDARD erklärt, warum Österreichs Steuergeld dort gut investiert ist.

STANDARD: Etwa sieben Millionen Euro österreichischen Steuergelds fließen jedes Jahr nach Äthiopien. Sie leiten das Büro der Entwicklungshilfe in Addis Abeba. Wie kommt ein Österreicher dazu, für Äthiopien zu zahlen?

Wein: Einerseits sind die Probleme Afrikas auch globale Probleme, und dadurch, dass Österreich Äthiopien dabei unterstützt, ein Teil der globalisierten Welt zu werden, profitiert es auch wirtschaftlich und sicherheitspolitisch davon. Wir wollen nicht nur einen Beitrag leisten, den Menschen hier eine Lebensgrundlage zu geben, sondern auch Zukunftsperspektiven, damit sie ihr Land entwickeln können und letztlich auch nicht gezwungen sind, ihr Land zu verlassen.

STANDARD: Oft ist die Ansicht zu vernehmen, Afrika müsse nun einmal auf eigenen Beinen stehen, und der Westen habe sich lange genug dort eingemischt. Was erwidern Sie?

Wein: Wenn man sieht, wie Äthiopien aus der ärgsten Armut herausgekommen und wirtschaftlich schon so große Erfolge erzielt hat, merkt man schon, dass unsere Hilfe dort ankommt. Der Westen sollte nun aber dranbleiben und Äthiopien dabei helfen, diesen Weg weiterzugehen. Gerade in Äthiopien ist es eben nicht so, dass der Westen der Regierung sagt, was sie zu tun hat, sondern hier gibt die Regierung ganz klar die Agenda vor, wie sie die Armut bekämpfen will. Sie hat ihren auf fünf Jahre ausgelegten sogenannten Wachstums- und Transformationsplan und holt sich dort, wo es zum Beispiel um Gesundheit, Bildung und Infrastruktur geht, von uns Unterstützung.

STANDARD: Sie sind seit drei Jahren in Addis Abeba stationiert. Welche Fortschritte sehen Sie konkret?

Wein: In den vergangenen fünf Jahren hat ein gewaltiger Modernisierungsschub stattgefunden, den man vor allem in der Infrastruktur und im Straßenbau beobachten kann. Bis vor kurzem haben die Ärmsten hier in Wellblechhütten gewohnt, nun stellt die Regierung Wohnraum in Form von Sozialbauten zur Verfügung, wo es zwar bei Wasser und Elektrizität noch Probleme gibt, es aber doch in die richtige Richtung geht. In jeder Gemeinde gibt es neuerdings auch eine Schule und ein Gesundheitszentrum, jetzt fehlt es noch an gut ausgebildeten Lehrern, Krankenschwestern, Hebammen und Ärzten, weshalb Österreich weitere Ausbildung unterstützt.

STANDARD: Sehen Sie auch Fortschritte in Sachen Demokratisierung, die Österreichs Beitrag mit sich bringt?

Wein: Ganz klar. Einer unserer beiden Grundpfeiler hier im Land ist ja neben der Ernährungssicherheit die Förderung der Rechtsstaatlichkeit. Wir stärken demokratische Institutionen und verknüpfen im Dialog mit der Regierung unsere Finanzierung in der Basisversorgung durchaus mit politischen Reformen.

DER STANDARD: Was heißt das konkret?

Wein: In der Region Gambela (im Westen Äthiopiens, Anm.) beispielsweise ist basierend auf unseren gemeinsam mit anderen Gebern geführten Verhandlungen ein Ombudsmann- und ein Menschenrechtsbüro installiert worden. Wir unterstützen in 230 Gemeinden zivilgesellschaftliche Organisationen, sodass diese als Vermittler zwischen den Bürgern und der Regierung auftreten, wenn es um die Planung und Budgetierung von Grundversorgung geht. Die Regierung muss verlässlich den äthiopischen Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen, das ist ganz entscheidend für die Entwicklung hier. (Florian Niederndorfer, 1.8.2018)