Wien – Seit 2001 zeigt das Impulstanzfestival junge und vielversprechende Choreografie unter dem Label [8:tension]. In der ersten Ausgabe waren immerhin spätere künstlerische Schwergewichte wie Akram Khan oder Isabelle Schad zu sehen. Mit einem Publikumshit und einer künstlerischen Glanzleistung ist am Wochenanfang die bereits 18. Ausgabe dieses Festival-im-Festival gestartet.

Karin Pauer mit ihrem Solo "five hundred thousand years of movement".
Foto: t.m.i.l.

Der Hit war das Duett Black Velvet – Architectures and Archetypes des New Yorkers Shamel Pitts (33), den Glanz lieferte die 1983 geborene Wienerin Karin Pauer mit ihrem Solo five hundred thousand years of movement im ebenfalls ausverkauften Performancebereich des Mumok-Kinos.

Pauer beeindruckte ihr Publikum mit einer präzise durchdachten, exzellent strukturierten und fabelhaft umgesetzten Performance ganz ohne den gerade wieder üblich gewordenen Frühwerk-Narzissmus. Vor einer an die Rückwand projizierten Zeitlinie, die irgendwo im Unermesslichen ansetzt und großteils poetische Ereignisse eines Lebens zeigt, spricht die Performerin eingangs ernüchternde Fakten mit gelassener Stimme aus: dass eben alles irgendwann beginnt, immer ein nächstes und mit tödlicher Sicherheit ein letztes Mal erfährt.

Mit entwaffnender Ironie setzt sie die ganz großen Perspektiven der Kosmologie, Erd- und Menschheitsgeschichte ins Verhältnis zum Sandkorn eines einzelnen Lebens. Ein weiteres Motiv ist die Gnadenlosigkeit beständigen Wandels innerhalb scheinbar gleichbleibender Rhythmen. Zur Darstellung dieser Komplexität braucht Pauer nur einen viel zu weiten Pullover, ein paar Musikpassagen und ein Ticken zwischen Zeitzünder und Metronom.

Die erfahrene Künstlerin mit starker Präsenz gehört seit drei Jahren zu Chris Harings Company Liquid Loft, und dieses Solo ist nicht ihre erste Arbeit. Ebenso erfahren ist der an Ohad Naharin (Batsheva Dance Company) geschulte Shamel Pitts, der sein Black Velvet mit der Brasilianerin Mirelle Martins tanzt.

Ein Mann und eine Frau durchqueren wie ein in erotische Verstrickungen geratenes Geschwisterpaar eine psychische Stresszone. Als goldglänzende Fetischkörper scheinen die bis auf Lendentücher Unbekleideten aus der Frühzeit des Menschen aufgestiegen zu sein. Martins rettet das etwas dick aufgetragene Stück mit ihrer überragenden Performance. (Helmut Ploebst, 19.7.2018)