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Ein Warenkorb ist kein gefülltes Einkaufssackerl, sondern repräsentiert den durchschnittlichen Konsumenten. Handelsschranken könnten den Warenkorb teurer machen.

Foto: Seywald/APA/AP/Reuters/Getty

Einkaufslisten sagen viel über Menschen aus. Die einen lieben Fleisch, die anderen ernähren sich vegan. Manche legen Wert auf Markenartikel, viele kleiden sich lieber bei billigen Modeketten ein. So unterschiedlich das Kaufverhalten von Konsumenten ist: Es gibt doch einen Warenkorb, der ihr Einkaufsverhalten verallgemeinern kann. Denn Bekleidung, Lebensmittel, Medikamente, Transport und vieles andere fragt jeder in der westlichen Welt in irgendeiner Form nach.

Viele Produkte im Warenkorb, der laut Statistik Austria den österreichischen Konsumenten repräsentiert, sind direkt oder indirekt vom Zollstreit zwischen den USA und Europa betroffen. Jeanshosen sind ein Beispiel, gehören sie doch zu den US-Artikeln, die die EU als Vergeltung für amerikanische Aluminium- und Stahlzölle verteuert hat. Motorräder sind ein anderes Beispiel, Europa hat auch amerikanische Harleys bezollt. Einfuhrschranken für Ketchup, Rosinen und andere Güter behält sich Europa für den Fall weiterer US-Zölle vor. Importschranken verhalten sich wie Konsumentensteuern. Waren werden verteuert, unmittelbar oder mittelbar schlägt sich das in den Endpreisen für verschiedenste Güter nieder. Aber wie wirkt sich das auf die Preise im Warenkorb aus?

Zeitversetzte Verteuerung

Grundsätzlich gilt: Wo Zölle eingehoben werden, sind die entsprechenden Inflationseffekte am größten. Und oft treten sie stark zeitversetzt auf. Unter dem Motto America first beschloss das Weiße Haus etwa Anfang 2018 Zölle auf Waschmaschinen, um US-Hersteller vor Konkurrenz aus Ostasien zu schützen. Amerikanische Haushalte bekamen das erst ein halbes Jahr später zu spüren: Bis Lagerbestände aufgebraucht waren und neue Modelle auf dem Markt landeten, blieben die Preise stabil. Plötzlich sprang im Mai und Juni die dreimonatige Teuerungsrate für Waschmaschinen auf über 15 Prozent, ein Rekordwert seit den Siebzigerjahren.

Im Warenkorb hinterlassen solche Einzelpositionen kaum Spuren, die Gewichtung ist zu gering. Auch übersetzen sich Zölle nicht eins zu eins in die Endpreise – Anbieter können Zölle mit geringeren Margen kompensieren, Konsumenten auf andere Güter ausweichen. Das Beispiel verheißt jedoch nichts Gutes für die Kaufkraft der Amerikaner. Denn die großen Zollkeulen Trumps folgten erst: im März mit Importzöllen auf Stahl und Aluminium (seit Juni gelten sie auch für Europa). Im Juli erließ Trump Importschranken für chinesische Importwaren. Zuletzt drohte der US-Präsident mit Autozöllen von 25 Prozent.

Teurere Autos in den USA

"Macht Trump diese Androhung wahr, würde das Preisniveau in den USA mittelfristig merkbar anziehen", sagt Harald Oberhofer, WU-Professor und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo): "Laut Wifo-Berechnungen könnte die Teuerung durch Zölle auf Stahl, Aluminium und Autos in den USA um bis zu 1,3 Prozentpunkte steigen." Zölle gegen China sind in diesen Berechnungen noch gar nicht berücksichtigt. Den Löwenanteil im hypothetischen Preisanstieg machen aber die Autozölle aus.

Im selben Szenario prognostiziert das Wifo für Europa vernachlässigbare Preissteigerungen. Nur Irland würde aufgrund enger USA-Verflechtungen eine um 0,25 Prozentpunkte höhere Teuerung verzeichnen. Nicht zufällig hat die EU für Vergeltungszölle US-Produkte ausgewählt, bei denen europäische Konsumenten zu europäischen Anbietern wechseln können. "Europäische Einfuhrzölle haben geringere Auswirkungen auf die Inflation als die der Amerikaner. Das liegt daran, dass die USA oft ganze Produktklassen bezollen und dabei nicht so sehr auf die Herkunft der Produkte schauen. Europa verteuerte im Handelsstreit zuletzt bloß US-Importe", sagt Paul Donovan, Chefvolkswirt bei UBS.

Empfindliche Kosmetika

Gelassen nimmt der österreichische Handel den Zollstreit dennoch nicht: "Das Preisniveau der meisten Produkte wird nicht national, sondern auf den Weltmärkten bestimmt", sagt Rainer Will, Geschäftsführer beim Handelsverband: "Strafzölle auf Einzelproduktebene werden deshalb wohl oder übel einen Einfluss auf die Endkundenpreise haben." In Österreich sind Bekleidungshändler und Drogeriemärkte durch EU-Gegenzölle verwundbar, sollte die EU weitere Produktgruppen aus den USA verteuern. Führende Drogeriemarktanbieter listen hierzulande rund 300 US-Produkte, besonders Kosmetika.

Die auf US-Produkte gemünzten Maßnahmen der Europäer könnten aber auch einen ganz anderen Effekt für das hiesige Preisniveau zeitigen. EU-Vertreter fürchten bereits eine Schwemme von billigem Stahl aus China, das in den USA keinen Absatz mehr findet. Importzölle der Amerikaner könnten die Stahlpreise auf dem Alten Kontinent auf diese Weise senken. Am heutigen Donnerstag treten die Gegenmaßnahmen in Kraft. Dazu zählt ein Schutzmechanismus, mit dem Stahleinfuhren unabhängig von der Herkunft mit 25 Prozent belastet werden. (Aloysius Widmann, Leopold Stefan, 19.7.2018)