Rund 1090 Höhenmeter verteilt auf 13,8 Kilometer in 21 Kehren: Die Qualen von L'Alpe d'Huez in Zahlen gegossen.

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Rund 1090 Höhenmeter verteilt auf 13,8 Kilometer in 21 Kehren – steht bei der Tour de France der Anstieg zur Skistation L'Alpe d'Huez im Département Isère auf dem Programm, ist ein Heidenspaß garantiert – außer für die, die ihn auf dem Rad im Renntempo zu bewältigen haben.

Zum 30. Mal passiert das heute im Rahmen der großen Schleife. Zum Aufwärmen legen die Profis davor noch fast 162 Kilometer zurück – garniert mit den Klettereien zum Col de la Madeleine (2000 m), über die Lacets de Montvernier (782 m) und zum Col de la Croix de Fer (2067 m).

Der Abschluss der sogenannten Alpen-Trilogie der 105. Tour bietet insgesamt mehr als 70 Kilometer Kletterei – dazu Stadionatmosphäre durch Hunderttausende Zuseher entlang der letzten Serpentinen und die ewige Hoffnung, dass diesmal nichts passieren möge, dass alle halbwegs fair durchkommen. Vom strahlenden Sieger, der in die Fußstapfen von Berühmtheiten wie Fausto Coppi, Bernard Hinault, Marco Pantani oder auch Lance Armstrong tritt, bis zum Letzten des Gruppetto, der eben noch in der Karenzzeit ankommt.

Gedopte Sieger

Pantani notierte die drei schnellsten Auffahrtszeiten, wohl ebenfalls unter den bekannten Voraussetzungen wie Armstrong, aber eben ungeahndet, weil zu Lebzeiten nicht nachgewiesen. Der 2004 gestorbene "Pirat" aus Cesenatico, der die Tour vor 20 Jahren gewann, legte 1995 die letzten 13,8 Kilometer innert 36:40 Minuten zurück. Zwei Jahre später wiederholte er seinen Sieg in L'Alpe d'Huez. Neben ihm und Armstrong konnten nur der Niederländer Hennie Kuiper, dessen Landsmann Peter Winnen und der Italiener Gianni Bugno zweimal nach dem im Schnitt 8,1 Prozent steilen Anstieg triumphieren.

Zuletzt siegten drei Franzosen, Thibaut Pinot beschloss 2015 vorerst die Serie. Er ist wegen der Folgen einer Lungenentzündung, die ihn zur Aufgabe beim Giro d'Italia zwang, diesmal nicht dabei.

Die Namen der Etappensieger sind in den 21 rücklaufend nummerierten Kehren auf Tafeln verewigt. In den Kurven 21 und 19 steht heute noch der Name Armstrong zu lesen. Nach heißen Diskussionen darüber, die Tafeln wie Armstrong aus den Siegerlisten zu entfernen, entschied man sich dagegen.

Holländer-Berg

In den 70er- und 80er-Jahren hatten die Niederländer dominiert. Acht Etappensiege von niederländischen Profis haben den Anstieg zum "Berg der Holländer" gemacht. Auch heuer bevölkern wieder zigtausende "Oranje" -Fans die Strecke, extra aus der Heimat angereiste Polizisten wirken Jahr für Jahr Exzessen entgegen, die vor allem gegen Ende des Rennens drohen. Manche können in ihrem durch allerlei Erfrischungen befeuerten Enthusiasmus nur ganz schwer an sich halten. "Wenn nur halb so viele Frauen ihre Brüste zeigen wie Männer ihre Ärsche, bin ich glücklich", plauderte der Deutsche John Degenkolb, als Sprinter hier immer hinten nach, einmal aus der Schule.

Titelverteidiger Chris Froome, wegen der vergangenen Dopingdiskussionen von vielen Fans nicht gerne gesehen, dürften nackte Tatsachen nicht mehr sonderlich schrecken. Nach der ersten Königsetappe führt der Weg in die Pyrenäen durch das Zentralmassiv über den Anstieg nach Mende, auf dem Froome 2015 von einem Zuschauer mit Urin überschüttet worden war.

Um nicht wieder in eine ähnliche Verlegenheit zu kommen, hatte sich der viermalige Toursieger vor der heurigen Auflage in einem Gastbeitrag in der Tageszeitung Le Monde direkt an die Radsportfans gewandt, an deren Gerechtigkeitssinn appelliert und seine Aufrichtigkeit und Sauberkeit beteuert. "Irgendein Rennen durch Lüge zu gewinnen, wäre für mich eine persönliche Niederlage. Ich bin davon überzeugt, dass die Franzosen gerechte Menschen sind", ließ Froome wissen.

Uran muss aufgeben

Der Vorjahreszweite Rigoberto Uran musste hingegen verletzungsbedingt aufgeben. Der 31-jährige Kolumbianer aus der EF-Mannschaft trat am Donnerstag nicht mehr zur Alpe-d'Huez-Etappe an, nachdem er sich auf dem neunten Teilstück nach Roubaix bei einem Sturz erhebliche Blessuren zugezogen und auf den ersten beiden Alpen-Abschnitten viel Zeit verloren hatte.

"Ich habe mich nach dem Sturz nicht mehr erholt. Gestern hatte ich ab dem ersten Anstieg Schmerzen am ganzen Körper", sagte der am linken Bein und am linken Arm verletzte Uran. (APA, sid, lü, 19.7.2018)