Rund zwei Monate ist es her, seit die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) offiziell in Kraft trat – mitsamt einiger Panikmache, ob sich die strengen Regeln tatsächlich korrekt umsetzen lassen. Nutzer wurden vor dem 25. Mai mit unzähligen E-Mails genervt, dazu kam ein politischer Hickhack um die akkurate Umsetzung der EU-Vorgaben. Zwei Monate später lässt sich feststellen: Das Internet existiert noch immer, und allzu große Änderungen spüren die Nutzer nicht. Wenn, dann kam es eher zu kuriosen Folgen der DSGVO.

Das Licht geht aus, der Kühlschrank streikt

So funktionierten plötzlich smarte Glühbirnen des chinesischen Herstellers Xiaomi nicht mehr. "Wegen der DSGVO können wir unsere Dienste für diesen Service nicht mehr anbieten", sahen europäische Nutzer Ende Mai plötzlich.

Einige Besitzer eines Smart Homes wachten außerdem zu Kühlschrank-Displays auf, die eine umfassende Zustimmung zu neuen Datenschutzregeln forderten.

Handwerker und Ärzte

Problematisch wurde die DSGVO vor allem für Berufsgruppen, die mit oder über Kunden in sozialen Netzwerken kommunizierten. Ärzte mussten etwa Bestätigungen dafür einholen, medizinische Informationen unverschlüsselt zu übermitteln. Das heißt etwa, dass Informationen per E-Mail ausdrücklich genehmigt werden müssen. Auch Handwerker, die etwa in Whatsapp-Gruppen über ihre Kundenaufträge sprechen, müssen sich Alternativen suchen oder diese Praxis beenden.

Kein Livestream vom Gottesdienst

Die Erzdiözese Freiburg beendete als Reaktion auf die DSGVO ihren Livestream von Gottesdiensten. Es sei unmöglich, die schriftliche Zustimmung von Kirchengängern, Ministranten, Chorsängern und anderen sichtbaren Personen einzuholen, hieß es in einem Statement. Auch die Zeugen Jehovas müssen bei ihren Hausbesuchen Datenschutzregeln beachten.

DSGVO-T-Shirt

Sechs befreundete Fotografinnen haben ein T-Shirt entwickelt, das auf baldige Fotografien hinweisen will. Laut Maria Hollunder-Oktabec, Sprecherin der Burgenländischen Berufsfotografen, suchten die Freundinnen nach einem Weg, ihren Beruf ohne Datenschutzverletzungen auszuüben. Heraus kam die Idee zu eigener Kleidung : "Am besten wir ziehen uns ein T-Shirt an, auf dem steht: Wenn sie nicht aufs Bild wollen, stellen Sie sich hinter mich."

Birgit Machtinger (links) und Maria Hollunder-Oktabec (rechts) entwickelten ein "DSGVO"-Shirt
Foto: APA/Ots/Roszenich

Hunderte Webseiten offline

Aus Angst, wegen Verstößen gegen die DSGVO abgemahnt zu werden, gingen unzählige Webseiten gleich ganz vom Netz. Der Blogger Enno Park sammelte über 300 Seiten, die nicht mehr abrufbar waren. Teilweise löschten auch öffentliche Institutionen wie Feuerwehren und Kindergärten ihre Webseiten.

Netzpolitik.org "zu jung" für Twitter

Da in sozialen Medien nun ein verpflichtender Altersnachweis von Nöten ist, sperrte Twitter prophylaktisch eine Reihe von Konten. Dazu gehörte auch die Plattform "Netzpolitik.org", die offensichtlich "zu jung" für Twitter war. Nach Protesten ging der Account wieder online.

Keine Onlinespiele

Auch eine Reihe von Massively Multiplayer Online (MMO)-Spielen erwischte es , beispielsweise "Ragnarok Online". Das Spiel, das seit 16 Jahren läuft – 14 Jahre davon auf europäischen Servern – blockiert nun alle IP-Adressen aus der EU.

Extra-Abos und Zeitungssperren

Trotz mehrjähriger Vorlauffrist schafften es einige US-Webseiten nicht, sich auf die DSGVO vorzubereiten. Die zwei renommierten Zeitungen LA Times und Chicago Tribune sind nicht mehr in Europa verfügbar. Die Washington Post bietet hingegen ein eigenes "DSGVO-Abo" an. (fsc, 22.7.2018)