Wien – Kurz nach 11 Uhr wurde am Donnerstag zunächst eine 37-jährige Frau in der Lassallestraße in Wien-Leopoldstadt angegriffen, danach ein 22-Jähriger mit Kippa. Der Mann schlug auf die Frau ein und ging dann weiter, berichtete Polizeisprecher Daniel Fürst. In der Taborstraße attackierte der Österreicher daraufhin den kippatragenden Mann. Laut ersten Ermittlungen blieb es hier bei einer versuchten Körperverletzung. Der 24-Jährige wurde nach dem Verwaltungsstrafgesetz wegen aggressiven Verhaltens festgenommen. Gegen den Österreicher wird wegen schwerer Körperverletzung und gefährlicher Drohung ermittelt. Außerdem wurde eine Sachverständiger für Psychiatrie bestellt, sagte Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Ein politisches oder religiöses Motiv schloss die Polizei zunächst aus, später hieß es jedoch, dass derartige Vorwürfe erst geprüft würden. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kommentierte den Vorfall auf Twitter. Die Bundesregierung tue alles dafür, dass jüdisches Leben in Österreich in Sicherheit möglich ist.

Einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien zufolge sieht es danach aus, dass wahllos Passanten angegriffen wurden. "Ein antisemitisches Motiv ist derzeit nicht erkennbar." Der Mann sitzt in U-Haft, die Staatsanwaltschaft wartet noch auf einen schriftlichen Bericht der Exekutive.

"Wir gehen von zumindest drei Opfern aus", sagt die Behördensprecherin. Noch sei das Ermittlungsverfahren am Anfang, weitere Opfer könnten hinzukommen. Auch seien sie noch nicht alle einvernommen worden, Aussagen von Zeugen müssen erst eingeholt werden. Unter den Opfern sollen jedenfalls nicht ausschließlich Juden sein.

Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) wurde über den Fall in Kenntnis gesetzt. "Wir nehmen Vermutungen und Beschreibungen von Zeugen, wonach es einen antisemitischen Hintergrund geben könnte, sehr ernst und lassen keinen Verdacht im Raum stehen", sagte eine Sprecherin des Innenministeriums zu dem Vorfall.

Zeuge spricht von klarer Attacke gegen Juden

Ein solcher Zeuge ist etwa Benni Gilkarov, Leiter der Abteilung für Jugend- und Kulturangelegenheiten in der Israelitischen Kultusgemeinde. Gilkarov sagte der "Presse", dass ihm der 24-Jährige schon vorher aufgefallen sei, weil er zwei – durch ihre Kleidung erkennbare – jüdische Passanten mit Schlägen und Tritten angepöbelt habe – offenbar weil er eine Zigarette schnorren wollte.

"Ich habe dann die Polizei gerufen, und die haben mich gebeten, den Mann weiter zu beobachten", so Gilkarov. In dem Moment habe der 24-Jährige den Mann mit Kippa attackiert. Der Zeuge betont, dass der Angreifer habe nur Personen attackiert habe, die als Juden erkennbar gewesen seien. (APA, red, 19.7.2018)