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Noch wird der britische Union Jack regelmäßig aus den Schränken der EU-Institutionen herausgeholt.

Foto: Reuters/Francois Lenoir

Die EU-Europaminister kommen heute, Freitag, unter Vorsitz des österreichischen Kanzleramtsministers Gernot Blümel in Brüssel zum letzten Mal vor der Sommerpause zusammen, um über den Stand der EU-Austrittsverhandlungen mit Großbritannien zu beraten.

Im Zentrum werden dabei die Vorschläge von Premierministerin Theresa May bezüglich der künftigen Beziehungen nach dem Brexit im März 2019 stehen. Sie hat in einem Weißbuch angeregt, dass ihr Land nach dem EU-Austritt weiter am Binnenmarkt teilnehmen sollte – aber konzentriert auf den Austausch von Waren, nicht bei Dienstleistungen etwa von Banken und auch ohne den in der EU als Grundpfeiler existierenden freien Personenverkehr.

Neues Londoner Personal

Der interne Streit hatte zum Abgang von zwei Schlüsselministern in London geführt: von Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis, dessen Nachfolger Dominic Raab sich am Donnerstag bei EU-Chefverhandler Michel Barnier in Brüssel vorstellte. Konkrete weitreichende Beschlüsse der EU-27 sind zu dem Weißbuch Mays nicht zu erwarten. Diplomaten bestätigen, dass man die jüngsten Vorschläge aus London als Basis für die weiteren Verhandlungen sehe.

Beim Brexit sind entscheidende Fragen völlig offen – etwa wie die Grenze zwischen der Republik Irland als EU-Mitglied und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland künftig kontrolliert werden soll. Ein einvernehmlich vereinbarter Austrittsvertrag der Briten wäre aber Bedingung für künftige Beziehungen in Form eines Freihandelsvertrags. Davon ist man weit weg.

Horrorszenario

Bedeutender ist daher, dass die Verhandler und die wichtigsten EU-Institutionen sich offenbar bereits konkret darauf einstellen, dass die Brexit-Verhandlungen ohne Austrittsvertrag enden und es dann zu einem "harten Brexit" kommen könnte. Über Nacht wäre Großbritannien dann ein Drittland. Für die Wirtschaft auf beiden Seiten wäre das quasi ein Horrorszenario wegen der rechtlichen und praktischen Ungewissheiten. Sowohl in der Kommission wie auch im EU-Rat wird bestätigt, dass ein solches "Bruchszenario" erarbeitet werde. Aufgrund der politisch volatilen Lage in London seien aber Voraussagen schwierig.

Eine Möglichkeit wäre auch, dass die Staats- und Regierungschefs den EU-Austritt der Briten im März 2019 um ein, zwei Jahre aufschieben. Der EU-Vertrag sieht das vor, wenn es dazu einen einstimmigen Beschluss aller Beteiligten gibt. Dann würden die EU-Wahlen 2019 nach geltendem EU-Recht mit den Briten stattfinden. (Thomas Mayer aus Brüssel, 19.7.2018)