Belfast/Brüssel – Die britische Premierministerin Theresa May fordert von Brüssel ein Entgegenkommen in der Frage, wie Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland nach dem Brexit verhindert werden können. Das geht aus Auszügen einer Rede hervor, die May am Freitag in Belfast halten wollte. Es sei Zeit, dass die EU ihre Position weiterentwickle und "nicht umsetzbare" Vorschläge verwerfe, so May. Die Aussage ist eine deutliche Abkehr von bisherigen Aussagen aus London – bis zuletzt hatte man in Sachen Nordirland betont, man wolle eine gütliche Einigung erzielen. Die Frage gilt als eine der schwierigsten auf dem Weg zu einem Abschied Großbritanniens aus der Union.

Sollte es zwischen der EU und Großbritannien keine Lösung geben, käme es zu einem harten "Brexit". Wie wahrscheinlich das ist, weiß ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter.
ORF

Großbritannien will mit dem EU-Austritt auch die europäische Zollunion und den gemeinsamen Binnenmarkt verlassen. Damit werden Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland eigentlich unvermeidbar.

Kein Sonderstatus für Nordirland in EU

Den Vorschlag der EU, Nordirland solle im Notfall enger an Brüssel gebunden bleiben als der Rest des Vereinigten Königreichs, lehnte May erneut strikt ab. Der Plan verstoße gegen das Karfreitagsabkommen, wird May zitiert. Weder sie noch das britische Parlament würden das jemals akzeptieren.

Erst kürzlich hatte London einen neuen Plan für die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU vorgelegt. May will das Problem an der irischen Grenze durch ein kompliziertes Zollabkommen mit der EU und durch eine Freihandelszone für Waren lösen. Der Plan hat in Großbritannien zum Rücktritt mehrerer hochrangiger Minister geführt. Auch in Brüssel dürfte er auf große Skepsis stoßen.

Die EU verlangt, dass sich London auf einen Notfallplan festlegt, bevor das Land die EU am 29. März 2019 verlässt. Noch am Freitag treffen sich in Brüssel die mit dem Brexit befassen Minister der 27 verbleibenden EU-Staaten. Mit Spannung wird erwartet, wie die Reaktion auf die neuen Vorschläge ausfallen wird. (APA, 20.7.2018)