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Das Original ist dem Klon in praktisch allen Belangen überlegen, kostet dafür aber zehnmal so viel.

Foto: AP

Wenn Apple oder andere namhafte Smartphone-Hersteller ein neues Spitzenmodell vorstellen, läuft die Arbeit bei manchen chinesischen Unternehmen bereits auf Hochtouren. In der Regel dauert es nicht lange, ehe erste Klone der bekannten High-End-Geräte in Umlauf gelangen. Manchmal sind die Nachahmer sogar früher am Markt als das Original.

Auch das iPhone X blieb von dem Phänomen natürlich nicht verschont. Während das Original allerdings mit einem vierstelligen Betrag zu Buche schlägt, gibt es die Kopien deutlich billiger. Das macht sie in China aufgrund des vergleichsweise niedrigen Einkommensniveaus als Quasi-Statussymbol interessant. Bei Motherboard hat man sich nun ein Fake-iPhone X um 100 Dollar besorgt und ausführlich unter die Lupe genommen. Das Fazit: "Es ist wild."

Zum Verwechseln ähnlich

Das Handy wurde in einer weißen Schachtel geliefert, die auch von Apple hätte gestaltet sein können. Allerdings mit dem Unterschied, dass der Aufdruck leicht verschwommen war. Das Gerät selbst wirkt auf den ersten Blick seinem Vorbild recht ähnlich, insbesondere die Rückseite ist kaum zu unterscheiden. Es scheitert beim zweiten Hinsehen allerdings an den deutlich dickeren Rändern. Einen "Notch" gibt es, allerdings nur digital. Die Frontkamera sitzt über dem Display, die Kerbe ist schlicht eine entsprechend geformte schwarze Überlagerung, die von der Software erzeugt wird.

Was allerdings auffällt, ist, dass in dem Handy tatsächlich ein echter Lightning-Port verbaut ist. Üblicherweise bieten solche Klone einen USB-C- oder Micro-USB-Anschluss, der lediglich äußerlich so tut, als wäre er für Lightning-Kabel gedacht. Wie beim Original gibt es keinen Homebutton, dafür wird "Face ID", also Gesichtsentsperrung, beworben.

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Umfangreiche Kopierarbeiten

Die Software des Handys basiert natürlich auf Android und ist eine erstaunlich detaillierte Reproduktion von iOS. Selbst einige von Apple vorinstallierte Apps wurden nachgebaut oder die Onboard-Lösungen des Google-Systems grafisch entsprechend umgestaltet. Ein eigener Launcher tut so, als wäre er ein iOS-Homescreen. Auch der Sperrbildschirm und die Systemeinstellungen präsentieren sich im Apple-Look. Einstellungen, die es unter Android nicht gibt, bewirken aber schlicht nichts.

Selbst der Play Store wurde derart umgebaut, dass er wirkt, als würde es sich um iTunes handeln. Und für Spracheingabe gibt es einen Assistenten, der aussieht wie Siri, allerdings mit chinesischen Servern kommuniziert. Die oberflächliche Nachahmung ist also durchaus gelungen, jedoch kämpft das Handy mit diversen Mängeln.

Nutzlose Face-ID-Nachahmung

Zum einen sind manche der Klon-Apps, etwa der umgestaltete Play Store, sehr absturzanfällig. Zum anderen sind manche Funktionen de facto nutzlos. Ein "Highlight" ist etwa das Face-ID-System. Bei der Einrichtung schaltet das Handy kurz in die Frontkamera, die nach der Erkennung des Gesichts meldet, dass das eigene Antlitz nun hinzugefügt wurde. Das Problem: Die individuellen Merkmale spielen anscheinend keine Rolle. Denn laut Motherboard konnte jeder das Handy entsperren, der sein Gesicht in die Kamera hielt.

Bei manchen Apps hat man sich wiederum keine Mühe gemacht. So ist das Keyboard klar als Android-App erkennbar, die "Wetter"-App ist einfach das Programm von Yahoo, und ein Klick auf das "Podcasts"-Icon öffnet Youtube, während "Apple Maps" die Kartenapp von Google startet. Dazu schien die Hardware den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, denn generell erwies sich das Handy als behäbig, und die Kamera lieferte miserable Qualität.

Kaum Sicherheitsfeatures, gefährliche Apps

Man ließ die Kopie des iPhone X auch von Security-Spezialisten untersuchen. Diese stellten fest, dass die Firmware ein Flickenteppich aus verschiedenen Quellen war und das System auf dem veralteten Android 6 "Marshmallow" basierte. Dazu tauchten erhebliche Sicherheitsbedenken auf.

Einige der Fake-Apple-Apps, etwa der Kompass oder die Uhr, nutzen zahlreiche Berechtigungen – etwa das Auslesen von Textnachrichten. Grundlegende Sicherheitsfeatures wie Sandboxing (die strikte Abtrennung von Apps) oder Rechtemanagement waren "fast nicht vorhanden". Die iCloud-App stellte die Zugangsdaten systemweit zur Verfügung, und die Nachahmung des Safari-Browsers brachte eine Backdoor mit. Zwei weitere Systemapps wurden auch als Sicherheitsrisiko eingestuft.

Da die Programme scheinbar aus diversen Onlinequellen zusammengeklaubt wurden, sei unklar, ob die Entwickler der Firmware hier in bösartiger Absicht gehandelt haben oder schlicht nicht besonders kompetent waren.

Nieten statt Kleber

Die Basis der Hardware bildet der MT6580, ein Einsteigerchip von Mediatek, der in zahlreichen billigen und vorwiegend in Asien vertriebenen Smartphones steckt. Öffnet man den Klon, so besteht die einzige Ähnlichkeit zum Innenleben des echten iPhone X darin, dass auch hier der Akku auf der linken Seite platziert ist.

In negativer Hinsicht erstaunlich ist die Bauweise des Handys. Lediglich eine Schraube kommt im Gehäuse zum Einsatz. Auch Apple ist hier relativ sparsam und nutzt dafür großzügig Kleber, was immer wieder für Kritik hinsichtlich der Reparierbarkeit sorgt.

Das Fake-iPhone schafft es aber, das zu unterbieten. Der Großteil der Hardware wird durch metallische Fassungen gesichert, die fest vernietet sind. Wer Zugang zu den einzelnen Elementen will, muss durch Metall schneiden. Beim Entnehmen des Akkus wird das Handy so praktisch zerstört, was es letztlich zu einem Wegwerfprodukt macht.

Strange Parts

Ein Klon, der Fragen aufwirft

Zusammengefasst rät man davon ab, sich einen solchen Klon anzuschaffen. Jedoch ist es ein interessantes Stück Technik, das in manchen Belangen – etwa mit der Implementation eines Lightning-Ports – tatsächlich eine Art iPhone-Android-Hybrid darstellt. Das stellt auch Apples unerbittliches Vorgehen gegen inoffizielle Reparaturanbieter infrage.

Denn in Shenzhen findet man nicht nur oft funktionierende iPhone-Komponenten von Drittherstellern, sondern auch komplette iPhones, die aus Ersatzteilen zusammengebaut wurden, wie es etwa der Tüftler Scotty Allen vorgezeigt hat. Produkte, die Apple selbst als "Fälschungen" ansieht. (red, 20.7.2018)