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Der schroffe Ton innerhalb ihrer Unionsfraktion stört Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin Deutschlands.

Foto: Reuters / Michele Tantussi

Berlin – Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den harten Ton im unionsinternen Streit um die Flüchtlingspolitik kritisiert. Sie befürworte ganz klar, dass Meinungsverschiedenheiten ausgetragen werden, sagte Merkel am Freitag bei ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz. Die "Tonalität" des Konflikts sei aber teilweise "sehr schroff" gewesen.

Sie messe der Sprache eine "große Bedeutung" zu und werde sich immer gegen "bestimmte Erosionen der Sprache" wenden, so Merkel. Denn Sprache sei ein "Ausdruck von Denken", deswegen "muss man sehr vorsichtig sein". Insofern sei die Form, in der die Auseinandersetzung geführt worden sei, "sicherlich noch verbesserungsfähig".

Kein Schutz für nicht Schutzbedürftige

Der CSU-Vorsitzende und deutsche Innenminister Horst Seehofer hatte die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze gefordert, im Zweifel auch im nationalen Alleingang. Da Merkel das ablehnte, entwickelte sich ein heftiger Streit in der Union, der von Seehofer und seiner Partei in teilweise ungewöhnlich hartem Ton geführt wurde.

Das Vorhaben der deutschen Regierung hat Merkel allerdings verteidigt. Vor allem stellte sie sich vor die Entscheidung, Tunesien, Marokko, Algerien und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Deutschland wolle zwar Bedürftigen Schutz bieten, auf der anderen Seite müsse aber "sehr schnell" geklärt werden, wer keinen Anspruch auf Hilfe habe.

Uneinlösbare Hoffnungen

Es gehe auch darum, nicht Hoffnungen zu wecken, "die dann nicht eingelöst werden können". Es sei eine Botschaft der Bürger gewesen, dass Deutschland "noch mehr Ordnung und Steuerung der Migration" brauche, sagte Merkel. Das Kabinett hatte am Mittwoch beschlossen, Tunesien, Marokko, Algerien und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Dadurch könnten Asylverfahren für Menschen aus diesen Ländern beschleunigt und abgelehnte Asylwerber schneller abgeschoben werden.

Grüne könnten Gesetz scheitern lassen

Allerdings haben die Grünen Widerstand im Bundesrat gegen das Vorhaben angekündigt. Sie hatten eine Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten bereits in der Vergangenheit scheitern lassen. Sie bemängeln die Menschenrechtslage in den nordafrikanischen Maghreb-Staaten. In der Länderkammer müssen mindestens zwei Länder mit grüner Regierungsbeteiligung für das Gesetz stimmen, damit eine Mehrheit zustande kommt.

Transatlantische Beziehungen

Ungeachtet der zunehmenden Abgrenzung des US-Präsidenten Donald Trump von Europa hat sich Merkel indes zur transatlantischen Partnerschaft bekannt. Die Zusammenarbeit mit den USA sei weiter "zentral für uns", sagte sie. "Ich werde sie auch weiter pflegen."

Trump hatte während seiner Europareise in der vergangenen Woche die Nato infrage gestellt und die Europäische Union als Gegner bezeichnet. Außerdem ist er aus internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser UN-Klimaabkommen und dem Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe ausgestiegen.

Merkel räumte ein, dass der bisherige internationale Ordnungsrahmen "im Augenblick stark unter Druck steht". Sie werde aber weiter für den sogenannten Multilateralismus werben, betonte sie.

Das umstrittene Treffen zwischen Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin am vergangenen Montag in Helsinki verteidigte Merkel. "Ich finde, dass es wieder zur Normalität werden muss, dass russische und amerikanische Präsidenten sich treffen", sagte sie. Sie freue sich daher über jedes Treffen. (red, Reuters, APA, 20.7.2018)