Trevor Traina, der schon verinnerlicht hat, dass es "Erdapfel" heißt und nicht "Kartoffel", hält Wien für den "Geburtsort der Diplomatie".

Foto: Robert Newald

Um ein Haar hätte sich für Trevor Traina gleich zu Beginn seines Engagements als US-Botschafter in Österreich die ganz große Bühne aufgetan. Einige Tage lang wurde Wien schließlich als Schauplatz des Gipfeltreffens zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Wladimir Putin gehandelt. Beim Gespräch mit dem STANDARD schien Traina, IT-Millionär aus San Francisco, gar nicht unfroh, dass es doch Helsinki wurde.

STANDARD: Sie waren zuvor Geschäftsmann. Was unterscheidet denn Diplomatie von Business?

Traina: Für mich geht es in der Diplomatie um Zusammenarbeit, damit die Welt sicherer wird. Im Geschäftsleben wollen wir effizient sein, um bessere Resultate zu erzielen. Ich versuche, diese beiden Aspekte zu kombinieren.

STANDARD: Trump nannte die EU vor wenigen Tagen einen "Feind". Sie repräsentieren die USA jetzt in einem kleinen EU-Land. Wie erklären Sie den Österreichern das?

Traina: Zunächst: Ich verstehe Österreich keineswegs als kleines Land. Eines meiner Ziele ist, Washington die strategische Bedeutung des Landes in der gesamten Region näherzubringen. Darüber hinaus ist die transatlantische Partnerschaft die wichtigste Allianz für den Frieden, die die Welt je gesehen hat. Mein Job ist es, sie voranzubringen.

STANDARD: Aber wie war das Wort "Feind" dann gemeint?

Traina: Das Spannungsfeld im Moment ist eben jenes, wo es um freien und fairen Handel geht. Jeder US-Präsident hat darüber mit der EU gesprochen, wir erinnern uns etwa an TTIP.

STANDARD: Wie gehen Sie mit den widersprüchlichen Botschaften aus dem Weißen Haus um, etwa jener über die Rolle Russlands bei den Wahlen 2016?

Traina: Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich Botschafter in Österreich bin, weil sich hier jeder engere Beziehungen zu Russland wünscht. Man darf nicht vergessen, dass der Präsident zur selben Zeit, als er sich mit Putin getroffen hat, Europa für seine Abhängigkeit von russischem Gas kritisiert und die Nato-Truppen in Europa aufgestockt hat.

STANDARD: Aber warum das Hin und Her?

Traina: Das Ziel war ja, einen neuen Dialog zu eröffnen, weil unser Verhältnis zu Russland so schlecht ist wie schon lange nicht mehr. Der Präsident hat die potenziell positiven Aspekte unserer Beziehungen betont und sich nicht mit den möglichen Reibungspunkten aufgehalten.

STANDARD: Viele in Europa beklagen den Versuch der USA, sich in die Politik von EU-Staaten einzumischen. Wenn Trump etwa vor seinem Treffen mit der britischen Premierministerin Theresa May deren Widersacher Boris Johnson den Rücken stärkt, ist das doch unfreundlich, oder?

Traina: Wissen Sie, dieser Präsident ist der direkteste, spontanste und Social-Media-freundlichste Führer, den die USA je hatten. Ein Teil dessen, was die Leute so an ihm mögen, ist, dass er auch den Denkprozess abbildet anstatt nur das fertige Produkt. Aber klar, das ist ein anderer Stil.

STANDARD: Aus europäischer Sicht wenden sich die USA mehr und mehr vom Multilateralismus ab. Warum?

Traina: Die Ziele der aktuellen Regierung unterscheiden sich kaum von jenen ihrer Vorgänger. Sie stärkt die Nato, die ja eine multilaterale Institution ist. Anders ist nur ihre Taktik. Ein Beispiel dafür ist der Nato-Gipfel in Brüssel, der sehr positive Resultate gebracht hat. Amerika zahlt mehr, Europa zahlt aber auch mehr. (Florian Niederndorfer, 20.7.2018)