Lienz – Bei Ausgrabungen in der Umgebung von Lienz in Osttirol sind Archäologen von der Universität Innsbruck auf die Überreste eines außergewöhnlichen Heiligtums gestoßen. Mitten im Wald auf dem sogenannten "Frauenkloster Bühel", einem Hügel am Stadtrand von Lienz, dürften dort vor über 2.000 Jahren eine ganze Reihe von Göttern verehrt worden sein.

Laut ersten Ergebnissen erlebte der von einer hunderte Meter langen und zwei Meter hohen Mauer eingefasste sakrale Ort seine erste Blüte bereits in der Latènezeit im Verlauf des 1. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung.

Keine Hinweise auf Unterbrechung

Nach Angaben der Wissenschafter deutet aber vieles darauf hin, dass der Kult auch nach der römischen Eroberung, im Jahr 16 vor unserer Zeitrechnung, weiter betrieben worden ist. Zumindest fanden die Archäologen keine Hinweise auf eine Unterbrechung. Vieles deute darauf hin, dass man sich rasch mit den Römern und ihren neuen Göttern arrangiert habe.

Besonders spektakulär erwies sich die Entdeckung Hunderter Götterfiguren. Die kleinen Votivstatuetten aus einer Zinn-Blei-Legierung repräsentieren fast die gesamte antike Götterwelt vom Göttervater Jupiter, seiner Frau Juno über die Minerva, den Handelsgott Merkur, die Liebesgöttin Venus, Mars den Kriegsgott bis zur Siegesgöttin Victoria. Die meisten Statuetten stammten aus dem ersten Jahrhundert nach der Eroberung, dann nehme ihre Zahl ab. Gefunden wurden auch zahlreiche Münzen, die als Opfergabe hier deponiert wurden.

Tempel für die einfache Bevölkerung

Ferner stießen die Archäologen unter der Leitung von Gerald Grabherr im Heiligtum auf die Fundamente eines Tempels. Das Tempelgebäude selbst dürfte aus Holz errichtet worden sein. Vieles deute darauf hin, dass das Heiligtum in Sichtweite der römischen Stadt Aguntum eher der Volksfrömmigkeit diente und von der einfachen Bevölkerung genutzt wurde.

Die Grabungen dauern laut einem Bericht des ORF noch bis Anfang August. Entdeckt wurde das Heiligtum vom Leisacher Hobbyarchäologen Josef Kalser, der auf dem Gelände mehrere Funde machte und seine Entdeckungen der Universität Innsbruck und dem Bundesdenkmalamt meldete und damit professionellen Ausgrabungen den Weg bereitete. (red, APA, 22.7.2018)