Viel richtig gemacht: Lewis Hamilton,

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Vettels Bolide nach der 53. Runde.

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Hockenheim – Viel von den Autos habe er nicht gesehen, erzählte Sebastian Vettel. Damals, als er sechsjährig erstmals nach Hockenheim kam, zu einem verregneten Freien Training, bei dem die Piloten nur ein Minimalprogramm absolvierten. Der kleine Sebastian fand trotzdem Gefallen, blieb dem Sport treu, wurde als großer Sebastian vier Mal Weltmeister.

Beim Großen Preis von Deutschland am Sonntag hat Vettel mehr von den Autos gesehen, zum Beispiel vor dem Start, beim Spaziergang zu seinem erstgereihten Ferrari. Der Deutsche konnte sämtliche Konkurrenzkarossen im Rückspiegel betrachten, die seines größten Konkurrenten Lewis Hamilton gar nur aus weiter Ferne. Der Brite war im Qualifying über die Kerbs gesegelt, hatte sich so die Hydraulik demoliert und ging nur von Rang 14 ins Rennen.

Nach Plan

Der Start kam ohne Zwischenfälle und nennenswerte Positionswechsel aus: Vettel kam gut weg, der neben ihm gestartete Valtteri Bottas konnte einen Angriff nicht einmal andeuten. Danach entwickelte sich das Rennen zu einer Demonstration der Zweiklassengesellschaft der Königsklasse.

Selten war der Unterschied zwischen den drei Topteams Ferrari, Mercedes und Red Bull sowie dem Rest des Feldes so offensichtlich wie in Hockenheim: Hamilton pflügte problemlos durch das Feld, war nach zehn Runden bereits auf Rang sieben angekommen.

71.000 Zuschauer waren am Renntag zum vorerst letzten GP von Deutschland gekommen, das war der Bestwert seit der Ära Michael Schumachers. Der große Zuspruch könnte freilich zu spät gewesen sein, für 2019 gibt es keinen Vertrag. "Wir können und wollen nicht mehr ins finanzielle Risiko gehen", sagte Hockenheimring-Chef Georg Seiler, die Verantwortlichen beim Nürburgring sehen die Sache ähnlich.

"Einfach nur dumm"

Die 71.000 sahen lange Zeit eine von Reifenwechseln unterbrochene Prozession. Vettel steckte nach seinem Stopp hinter Teamkollege Räikkönen, funkte an die Box: "Das ist einfach nur dumm. Ich verliere Zeit und fahre meine Reifen kaputt." Räikkönen wurde von der Box zum Überholenlassen aufgefordert, sträubte sich etwas, ließ Vettel dann doch passieren.

In Runde 45 von 67 kam schließlich Regen, es war dies anfangs aber nur ein fleckenweises Tröpfeln. Einige Fahrer wechselten auf Intermediate-Reifen, die Mehrheit spekulierte auf ein schnelles Ende. Die Strecke wurde rutschiger – für den bis dahin entspannt führenden Vettel ein Verhängnis. Der Lokalmatador rutschte weg, das Kiesbett verweigerte jeden Rettungsversuch. Reifenstapel, Out, verzweifelte Schläge auf das Lenkrad.

Drunter und drüber

Es ging drunter und drüber: Mercedes vergeigte bei Bottas einen panischen Reifenwechsel, Räikkönen wechselte ebenfalls, so lag Hamilton hinter dem Safety Car unverhofft in Führung. Der Brite war auf halbem Weg in die Box wieder auf die Strecke abgebogen, wurde dafür nicht bestraft. Bottas überholte Hamilton nach dem Abschied des Safety Car, der vierfache Weltmeister holte sich die Führung prompt zurück.

Mercedes fuhr den Doppelsieg nach Hause, Hamilton übernahm 17 Punkte vor Vettel die WM-Führung. Der wollte sein Auto wohl nicht mehr sehen. (schau, 22.7.2018)