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Innenminister Gerard Collomb erschien am Montag höchst vergnügt zu seiner Anhörung vor dem Ausschuss in der Nationalversammlung.

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will seinen Mitarbeiterstab umbauen.

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Paris – Frankreichs Innenminister Gerard Collomb wusste nach eigenen Angaben früh von Gewaltvorwürfen gegen einen Ex-Sicherheitsmitarbeiter von Präsident Emmanuel Macron, hat Vertuschungsvorwürfe aber von sich gewiesen.

Als er am 2. Mai erfahren habe, dass Macrons Büro den Sicherheitsmitarbeiter Alexandre Benalla bestrafen wolle, habe er sich "nicht weiter um das Thema gekümmert", sagte Collomb am Montag vor einem Ermittlungsausschuss der französischen Nationalversammlung. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass man sich der Sache auf dem angemessenen Niveau angenommen habe.

Gewalt bei Mai-Demonstration

Benalla soll bei einem Polizeieinsatz in Paris am 1. Mai gegen einen Demonstranten gewalttätig vorgegangen sein. Dabei soll er einen Polizeihelm und Polizeiarmbinde getragen haben, obwohl er kein Mitglied der Exekutive ist. Die Vorfälle wurden der Öffentlichkeit erst im Juli durch Medienberichte bekannt. Die Opposition vermutet einen Vertuschungsskandal. Die Affäre gehört zu den größten Krisen der Amtszeit von Macron, der sich öffentlich bisher nicht dazu geäußert hat.

"Vollkommen angemessen"

Collomb sagte am Montag, er sei am 2. Mai von seinem Büroleiter über die Existenz eines Videos informiert worden, das Benalla bei der Demonstration zum 1. Mai in Gewalthandlungen verwickelt gezeigt habe. Sein Büroleiter habe ihm damals versichert, bereits das Büro des Präsidenten und den Polizeipräfekten darüber in Kenntnis gesetzt zu haben. Das sei ein "vollkommen angemessenes Vorgehen" gewesen.

Gegen Benalla wurde mittlerweile ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dem 26-Jährigen werden unter anderem Gewalttätigkeit und Amtsanmaßung vorgeworfen. Die Anhörung Collombs vor dem Ausschuss sollte Klarheit darüber schaffen, was die Regierung wann wusste.

"Extrem entschlossen"

Macron hat unterdessen eine umfassende Aufklärung versprochen. Der Präsident sei "extrem entschlossen", in der Affäre Benalla die Wahrheit ans Licht zu bringen, sagte sein Sprecher am Montag dem Radiosender RTL.

Die Zeitung "Le Monde" hatte vor einigen Tagen ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie Benalla und der ebenfalls beschuldigte Angestellte der Regierungspartei La Republique en Marche (LREM), Vincent Crase, bei einer Kundgebung in Paris am 1. Mai Demonstranten heftig angehen und schlagen. Neben Benalla und Crase stehen auch drei Polizisten vor Gericht. Sie sollen Benalla Videomaterial von Überwachungskameras der Stadt Paris beschafft haben. Alle fünf Beschuldigten seien unter juristische Aufsicht gestellt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Macron will wegen der Affäre einem Insider zufolge auch seinen Mitarbeiterstab umbauen. Macron sei der Auffassung, dass seit dem Vorfall vom 1. Mai im Präsidialamt eine Reihe von Fehlern gemacht worden seien, verlautete aus dem Umfeld des Staatschefs am Sonntag.

Daher habe er den Chef des Präsidialamtes beauftragt, den Mitarbeiterstab und Abläufe neu zu organisieren. Damit solle verhindert werden, dass sich ein solcher Vorfall wiederhole, der innenpolitisch immer höhere Wellen schlägt.

Nach dem Vorfall, der zunächst zu einer 15-tägigen Suspendierung Benallas geführt hatte, wurde der Vorwurf laut, die Mitarbeiter Macrons stünden offenbar über dem Gesetz. Gegner werfen dem Präsidenten seit Längerem vor, abgehoben zu sein und den Kontakt zur Bevölkerung verloren zu haben.

Verhalten "schockierend"

Macron habe am Sonntag mit Ministerpräsident Edouard Philippe, Innenminister Gerard Collomb sowie weiteren engen Mitarbeitern über den Vorfall beraten und das Verhalten seines ehemaligen Leibwächters als schockierend und inakzeptabel bezeichnet, hieß es aus seinem Umfeld. Er könne nicht zulassen, dass der Eindruck entstehe, dass jemand aus seinem Umfeld über dem Gesetz stehe. (APA, 23.7.2018)