Auch weniger gute Fahrer erleben am Furcia-Trail Glücksmomente wie die Großen.

Foto: Gerhard Berger

Der Herrensteig zählt für mich zu den besten Trails, die ich je fahren durfte.

Foto: Gerhard Berger

Bruneck – Endlich Urlaub, liebe Tretlager-Community! Um Ihnen die Ferien zu versüßen, darf ich Ihnen heute meine absolute Lieblings-Bikedestination vorstellen: den Kronplatz in Bruneck. Hier im schönen Südtiroler Pustertal kommen Mountainbiker voll auf ihre Kosten. Neben perfekten Trails und atemberaubender Landschaft wartet die Region mit den Vorzügen italienischer Küche und typisch Südtiroler Gastfreundschaft auf.

Die Downhillrangers führen über die 1.300 Tiefenmeter am Herrensteig hinab.
Downhill Rangers

Vorweg darf ich anmerken, dass dieser Artikel keine Werbung darstellt und ich keinerlei Vergünstigungen dafür erhalten habe. Jedes Liftticket, jedes Bier und jede Mautkarte wurde aus eigener, privater Tasche bezahlt. Ich kenne den Kronplatz nur aus Perspektive des Gastes. Und ich liebe ihn abgöttisch. Seit Jahren komme ich zum Biken hierher, und jedes Mal fuhr ich mit einem breiten Grinsen zurück über den Brenner. Allen Freundinnen und Freunden, die bisher mitkamen, erging es gleich.

Der Beginn der Liebesgeschichte

Angefangen hat diese Liebesgeschichte vor einigen Jahren, als ich in einem englischsprachigen Bikemagazin eine Reisereportage über Südtirol fand. Dort las ich vom Herrensteig in Bruneck, einem relativ neuen, rund acht Kilometer langen Freeride Trail am Kronplatz. Die Autoren schwärmten in den höchsten Tönen von diesem Platz. Es sei der erste in Europa, der einem Vergleich mit dem Nordwesten Kanadas standhalte, hieß es da.

Meine Neugier war geweckt, denn Bruneck ist nur eine gute Autostunde von Innsbruck entfernt. Das entspricht ungefähr dem Weg nach Sölden, Nauders oder Serfaus-Fiss-Ladis. Doch Südtirol hat den Vorteil, dass das Wetter und das Essen in der Regel besser sind und die Leute gegenüber Mountainbikern meist freundlicher – sorry, liebe Nordtiroler, aber es ist nun einmal so. Also beschlossen mein Bikekumpel und ich, diesem Kronplatz einen Besuch abzustatten.

Der Vater aller Trails: Herrensteig

Es war Liebe auf den ersten Blick. Das Tagesticket kostete damals noch verführerische 26 Euro, heute schlägt es mit 32 Euro zu Buche. Und es ist jeden Cent wert. Damals war der Herrensteig, 2010 als Südtirols erster offizieller Downhilltrail eröffnet, auf der Nordseite des Berges die einzige Abfahrt. Doch schon diese acht Kilometer hatten es in sich.

Bis heute ist dieser Trail eine Perle für Freunde des naturnahen Abfahrtsgenusses. Der Start liegt über der Baumgrenze, wo die herrliche Hanglage wundervolle Ausblicke auf Bruneck und die Bergwelt dahinter gewährt. Die Trailbauer am Kronplatz sind Meister ihres Faches, und man spürt in jeder Kurve, dass hier Liebhaber am Werk waren. Die Anlieger sind schlichtweg perfekt und lassen schon bei der ersten Abfahrt unglaubliche Kurvengeschwindigkeiten zu. Jede Geländekuppe, jeder Stein wurde genutzt, um kleinere bis größere Sprünge einzubauen.

Es folgt eine rassige Downhillpassage durch den Hochwald. Der Trail wird viel und hart gefahren, das merkt man. Und doch gibt es für mich keinen schöneren ruppigen Abschnitt als diesen – im Video oben ab der fünften Minute zu sehen. Weiter unten wird der Herrensteig wieder mehr Bikepark, aber niemals fad.

Mittlerweile erhielt der Herrensteig mehrere Bypässe. Hans und Franz zum Beispiel. Diese Abzweigungen sind mit das Beste, was es an Trails gibt. Hart, steil und schnell. Sicher kein Einsteigerprogramm, aber wer naturbelassene Strecken mit Herausforderungen liebt, wird hier fündig.

Auf drei Seiten fahrbar

Heute sind drei Seiten des Kronplatzes bereits mit Trails erschlossen. Im Norden der besagte Herrensteig. Im Osten der 8,4 Kilometer lange Gassl-Trail. Diese neue Strecke ist für Anfänger bestens geeignet. Sie führt landschaftlich unfassbar reizvoll über sanfte Anlieger und einen Trail ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Die ideale Strecke, um sich warm zu fahren. Und im Süden wartet mit den Furcia-Trails seit zwei, drei Jahren ein Juwel, das in Sachen Flow unerreicht ist. Ich selbst habe bisher nur in Whistler Ähnliches erlebt.

Die Passage durch den Wald verursacht allein beim Gedanken daran Gänsehaut. Aus riesigen Anliegern schießt man in die Gerade, wo man mittels kleinem Sprung die Schräglage ändert, um mit Verve in das nächste Anliegermonster zu rasen. Bremsen wird hinfällig, sobald einen hier der Flow packt. Wer Airtime sucht, kann sich vortrefflich über die Tables katapultieren. Und Sie müssen sich nicht schämen, wenn Sie vor Glück zu schreien beginnen. Erging mir und jedem, der bislang mit war, ebenso. Leider wurden die Wurzelteppiche im unteren Teil des Furcia heuer "renoviert". Ich persönlich fand die Passage naturbelassen besser.

Alpine Einsamkeit im Bikepark

Das Besondere am Kronplatz ist neben der Vielfalt an seilbahnerschlossenen Trails – es gibt überdies ein mindestens so großes Angebot an Strecken, die man sich aus eigener Kraft erarbeiten kann – die Einsamkeit. Denn egal wann ich hier war, ich hatte immer das Gefühl, fast allein am Berg zu sein. Man trifft nur selten andere Biker auf den Trails, was mir ein völliges Rätsel ist. Trotzdem wird das Angebot Jahr für Jahr ausgebaut und verfeinert. Die Strecken sind perfekt gewartet, und man spürt, dass hier mit viel Liebe gebaut wird.

In dem Sinne werde ich mich nun wieder meinen Bikes widmen und wünsche Ihnen erholsame Sommertage. Wenn Sie die Gelegenheit haben, probieren Sie den Kronplatz aus. Die Region eignet sich übrigens dank umfangreichen Ferienangebots auch vortrefflich für einen Familienurlaub. Damit es mit der amore auch abseits des Bikes klappt. (Steffen Arora, 24.7.2018)