Der Komponist Beat Furrer, der sein Musiktheater "Begehren" dirigieren wird, bringt seine Opernfigur Orpheus mit nach Salzburg.

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Salzburg – Er hätte nicht für einen Abend in die Doppelrolle "Intendant und Pianist" schlüpfen müssen, um seine Affinität zum Zeitgenössischen zu demonstrieren. Markus Hinterhäuser steht ohnedies seit jeher für Modernes in Salzburg: Sei es als "Zeitfluss"-Festivalleiter in den 1990ern oder als Konzertdirektor der Festspiele (später während der Intendanz von Jürgen Flimm). Er, der am Wochenende expressive Sonaten von Galina Ustwolskaja interpretierte.

Dass er heuer – als Programmmacher – nicht nur Ustwolskaja, sondern auch Beat Furrer einen Schwerpunkt widmet, bestätigt aber auch seine undogmatische Offenheit.

Tendenziell ist das Werk des in Österreich lebenden Furrer, der einst das Klangforum Wien gegründet hat, eine zur Stille neigende Welt der winzigen Tonregungen. Ein größerer Kontrast zur eruptiven Russin Ustwolskaja (deren zweite und dritte Symphonie das Klangforum am Dienstag spielt) ist kaum denkbar.

Die Stille als Drama

Jedes Verklingen eines Tones ist für Furrer "schon ein Drama." Das Filigrane seiner Musik wird zur Einladung, sich dem Diskreten, dem Überhörten zu stellen. Beim Salzburger Schwerpunkt "Zeit mit Furrer" wird dies anhand von kammermusikalischen Stücken wie Ira – Arca oder Invocation VI möglich. Furrer selbst, der unlängst den Siemens-Musikpreis erhielt (250.000 Euro), dirigiert sein Musiktheater Begehren.

Einst beim Steirischen Herbst uraufgeführt, verarbeitet Beat Furrer in Begehren Texte von Ovid, Vergil, Cesare Pavese und Hermann Broch zu einer abstrakten Erweckung von Orpheus. Der antike Mythensänger wird dabei allerdings weit weg vom Ariosen geführt. Schon sein Atmen und sein Hauchen werden zum zentralen Ausdruck komplexer Seelenregungen.

Wahrnehmen durch Töne

"Komponieren ist für mich eine Möglichkeit, diese Welt wahrzunehmen und zu begreifen", so der 1954 in Schaffhausen geborene Furrer. "Eine Gesellschaft wird Komponisten immer brauchen, um Wahrnehmung lebendig zu halten. Wenn es diese Leute nicht gäbe, würde auch Mozart nicht mehr verstanden werden." Seine Musik ist somit auch als subtile Schule der Wahrnehmung zu verstehen – und als eine solche kann auch die Konzertdramaturgie Hinterhäusers gedeutet werden.

Im Bestreben, Zeitgenössisches zu präsentieren, sucht Hinterhäuser existierende Werke kontinuierlich einzusetzen. Auch geht es ihm darum, diese als selbstverständlichen Teil auch traditioneller Salzburger Events zu definieren. So finden sich in den Programmen der Wiener Philharmoniker Namen wie Bernd Alois Zimmermann, Hans Werner Henze oder Luciano Berio.

Hinterhäuser, der Pianist, macht heuer aber auch eine Ausnahme. Er begleitet den Bariton Matthias Goerne bei dessen Liederabend (13. 8.) – mit einem reinen Schumann-Programm. (Ljubisa Tosic, 23.7.2018)