Ein Exemplar von Typhlocaris ayyaloni.
Foto: Sasson Tiram

Kiel – Überraschende Verwandtschaftsbeziehungen haben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung (GEOMAR) beim Studium ganz besonderer Krebse festgestellt. Zur Gattung Typhlocaris gehören vier Arten, die nur in einzelnen, grundwasserführenden Karsthöhlen rund um das Mittelmeer zu finden sind. In diesen isolierten Lebensräumen stehen die bleichen und blinden Tiere, die nur einige Zentimeter lang werden, am Ende der Nahrungskette: Sie ernähren sich vor allem von kleinen Krebsen, die ihrerseits von sulfidoxidierenden Bakterien leben.

Eine der vier Arten hat man in Italien entdeckt, eine in Libyen und zwei in Israel. Da die Krebse ihre von der Umwelt abgeschnittenen Lebensräume nicht verlassen können, muss ihre Verwandtschaft weit in die Vergangenheit zurückreichen. "Die Typhlocaris-Arten sind 'lebende Fossilien', Nachkommen einer Art, die vor Millionen von Jahren im prähistorischen Tethysmeer existierte", sagt Tamar Guy-Haim vom GEOMAR, Hauptautor der Studie, die im Fachmagazin "PeerJ" erschienen ist.

Evolution folgt der Geologie

Genetische Analysen ergaben nun, dass eine der israelischen Arten, Typhlocaris ayyaloni, nicht mit der ihr nächstgelegenen Spezies Typhlocaris galilea am engsten verwandt ist, sondern mit der italienischen, Typhylocaris salientina. Zwischen diesen beiden Lebensräumen liegen immerhin etwa 1.000 Kilometer.

Daraus kann man auf die geologische Entwicklung der Mittelmeerregion schließen. Die beiden israelischen Arten müssen schon vor etwa sieben Millionen Jahren voneinander getrennt worden sein, als sich der heutige zentrale Bergrücken in Israel anhob. T. ayyaloni und T. salientina – oder genauer gesagt deren gemeinsamer Vorfahr – hatten damals noch einen durchgängigen Lebensraum. Der dürfte dann vor etwa 5,7 Millionen Jahren zerfallen sein, als während der sogenannten Messinischen Salinitätskrise das Mittelmeer fast vollständig ausgetrocknete.

In der Sackgasse

Seitdem befinden sich die verschiedenen Krebsarten in einer Sackgasse: Seit Millionen Jahren bewohnen sie abgeschlossene Lebensräume, aus denen es keinen natürlichen Ausweg mehr gibt. Zudem sind diese Lebensräume durch Verschmutzung, Brackwasserinfiltration durch intensive Grundwasserförderung und den Klimawandel starken Veränderungen ausgesetzt – eine enorme Herausforderung für Tiere, die durch die bisherige Stabilität ihrer Lebensbedingungen evolutionär zum Stillstand gekommen sind.

Alle Typhlocaris-Arten sind als gefährdet eingestuft worden und stehen auf der Roten Liste. In Israel wurde deshalb ein Zuchtprogramm für Typhlocaris ins Leben gerufen, um die Tiere für den Fall zu erhalten, dass alle Bemühungen scheitern, die natürlichen Populationen zu sichern. (red, 24. 7. 2018)