Grasser hätte sich lieber von Wirtschaftsprüfer L. Rat geholt, einem anerkannten Finanzrechtsexperten.

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Wien – Die größte Neuigkeit zu bestimmen, die sich in der ersten Etappe des Buwog-Verfahrens ergeben hat, ist einfach: Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser hat seine Verantwortung zum "Schwiegermuttergeld" geändert. Die 500.000 Euro seien ein Geschenk an ihre Tochter Fiona gewesen, sagte der Erstangeklagte jüngst aus. Bis dahin hatte Grasser davon gesprochen, die Schwiegermutter habe sein Veranlagungstalent testen wollen.

Keine "rauchenden Pistolen"

"Rauchende Pistolen" taten sich in dem Indizienprozess nicht auf, Neues erfuhren Prozessbeobachter aber allemal. Etwa die Involvierung der Wirtschaftsprüfungskanzlei Leitner & Leitner in die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften ab 2003. Die Gesellschaft hat die Raiffeisenlandesbank OÖ (Führer des Österreich-Konsortiums) beraten. Am 14. Mai 2004 legte Leitner & Leitner den Schlussbericht zur "Financial und Tax Due Diligence und Unternehmenswertermittlung zur Wohnungsanlagen GmbH (WAG) und EBS WohnungsGmbH" vor. Die Due Diligence der beiden anderen zum Verkauf stehenden staatlichen Wohnungsgesellschaften (Buwog und ESG Villach) wurden von der Kanzlei TPA durchgeführt. Das Österreich-Konsortium bekam um 961 Millionen Euro den Zuschlag, Leitner & Leitner rund 350.000 Euro Honorar. Die beiden Kanzleien waren auf einen Unternehmenswert von zusammen 642 bis 896 Mio. Euro gekommen.

Einer der damaligen Steuerberater bei Leitner & Leitner, Rechtsanwalt Gerald Toifl, sitzt heute auf der Anklagebank; die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beweismittelfälschung vor. Er bestreitet das, für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

An Informationen gelangen

Toifl hat nach Auffliegen der Affäre rund um die Buwog-Provision den damaligen Lobbyisten Walter Meischberger beraten. Der erstattete in der Folge Selbstanzeige, weil er seinen Teil der Provision (sie betrug in Summe 9,9 Millionen Euro) nicht versteuert hatte. Dasselbe tat Peter Hochegger.

Bei den Besprechungen mit Anwalt Toifl war auch Grasser öfter dabei. Er hat das jüngst sinngemäß damit begründet, dass er an Informationen gelangen wollte. Er sagt ja aus, dass er bis dahin von den Beratungstätigkeiten Meischbergers und Hocheggers beim Buwog-Verkauf nichts gewusst hätte.

Berater der Schwiegermutter

Grasser hätte sich offenbar lieber von Wirtschaftsprüfer L. Rat geholt, einem anerkannten Finanzrechtsexperten. Das ging aber nicht – warum, erklärte L. in seiner Zeugenaussage Ende des Jahres 2011. Er sei der langjährige Berater von Grassers Schwiegermutter. "Grasser wollte schon vor Jahren von mir beraten werden, ich habe das abgelehnt, weil ich keine Konflikte aufgrund meiner Beratung für seine Schwiegermutter haben wollte", ist im Protokoll zu lesen. Grasser sei damals noch Finanzminister gewesen (das war er bis Jänner 2007), und es sei um Schenkungsmeldungen gegangen. Die Schenkung, von der Grasser gesprochen habe, ohne Summen zu nennen, sei aber sicher nicht die gewesen, die "jetzt im Zusammenhang mit dem Bargeldtransport über die Grenze in den Medien war", so Zeuge L.

Am Fortgang der Geschichte nahm L. weiterhin Anteil. Seinem Kollegen und Freund Toifl, der die Selbstanzeige Meischbergers in kürzester Zeit auf die Beine gestellt hatte, gratulierte er am 18. September 2009 herzlich: "Was du da in einer Nacht zusammengebracht hast, ist imponierend!" (Renate Graber, 24.7.2018)