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Neue Technologie macht Parlamente unnötig, sagt der Vizechef von Italiens regierender Fünf-Sterne-Bewegung, Davide Casaleggio.

Foto: Reuters / Tony Gentile

Rom – Der Mailänder Internet-Unternehmer Davide Casaleggio, der die digitalen Aktivitäten der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung lenkt und als politischer Kopf der Partei gilt, sorgt für Wirbel. In einem Interview mit der Tageszeitung "La Verita" vertrat er die Ansicht, dass das Parlament dank des Internets und neuer digitaler Technologien bald überflüssig sein werde.

"Heute gibt es demokratische und effiziente Mittel, mit denen sich Bürger besser am demokratischen Leben beteiligen können als bisher. Die Überwindung der parlamentarischen Demokratie, deren Wurzeln auf das 19. Jahrhundert zurückgreifen, ist unausweichlich", meinte der 42-Jährige. Die Fünf-Sterne-Bewegung ist mit 31 Prozent der Stimmen Italiens stärkste Regierungspartei. Sie regiert seit Juni zusammen mit der rechten Lega.

Verstorbener Vater als Blog-Gründer

Eine Form direkter Demokratie gebe es bereits in der Fünf-Sterne-Bewegung dank der von ihm entwickelten Plattform Rousseau, mit der sich die Parteiaktivisten an Abstimmungen beteiligen können, sagte Casaleggio. Auf Rousseau finden alle Urwahlen und Befragungen der Fünf Sterne statt.

Casaleggios Vater Gianroberto hatte zusammen mit dem Komiker Beppe Grillo 2009 die Fünf-Sterne-Bewegung gegründet. Grillos Blog, der weltweit als einer der erfolgreichsten seiner Art gilt, wurde von den Casaleggios betrieben. Er war die Basis für den Erfolg der Protestbewegung. Gianroberto Casaleggio starb 2016, seitdem wird sein Internet-Unternehmen von Sohn Davide geführt.

Totalitäre Ideologie

Casaleggios Worte zum Thema Parlament lösten hitzige Reaktionen in Rom aus. "Casaleggio zeigt immer mehr, dass hinter der Fünf-Sterne-Bewegung eine totalitäre Ideologie steckt", kommentierte der Forza-Italia-Spitzenpolitiker Lucio Malan.

Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio versuchte, die Wogen zu glätten: "Viele Bürger behaupten bereits, dass das Parlament nutzlos ist. Es ist unsere Aufgabe, mit konkreten Beschlüssen das Gegenteil zu beweisen", sagte der Vizepremier und Arbeitsminister der neuen Regierung in Rom.

Die alten Parteien und ihre organisatorischen Systeme hält die Fünf-Sterne-Bewegung für überholt. Für Grillo ist die "Basisdemokratie per Internet" die Zukunft. Das Fünf-Sterne-Credo basiere auf keiner starren Ideologie, sondern auf einer Mischung aus Umweltpolitik, wirtschaftlichem Liberalismus, sozialer Verantwortung und Kritik an etablierten Machtlobbys. Rechts und links seien "längst überholte Begriffe", argumentiert die Bewegung. (APA, 24.7.2018)