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"Die österreichische Regierung betreibt Camouflagepolitik", sagt Hans Rauscher.

Foto: REUTERS ATHIT PERAWONGMETHA

Schächten. Wie kommen wir jetzt aufs Schächten? Seit Tagen tobt eine Debatte über die Schlachtung diverser Tiere mittels Durchschneiden der Halsschlagadern, teilweise wegen religiöser Vorschriften bei Juden ("koscher") und Muslimen ("Halal"). Personen mit älterer Verwandtschaft auf dem Land können sich noch erinnern, dass auch in stockkatholischen Bauernhöfen so vorgegangen wurde. Im Übrigen gibt es Vorschriften, wonach unmittelbar nach dem Schnitt eine Betäubung vorzunehmen ist.

Also wie kommen wir jetzt aufs Schächten? Weil die FPÖ ein Nichtthema aufbläst, um von ihrer sonstigen In-den-Graben-fahr-Politik abzulenken. Die Partei sieht mit ihrer Zustimmung zum Zwölfstundentag und ihrem internen Putsch gegen den Verfassungsschutz nicht sehr gut aus. Daher hat ihr niederösterreichischer Landesrat Waldhäusl eine "Registrierung" der Menschen ins Spiel gebracht, die koscheres oder Halalfleisch kaufen. Das ist nicht mehr Rechtspopulismus, das ist Rechtsextremismus. Die Amerikaner nennen so etwas "Dog whistle"-Politik: Pfeiferln, deren Ton nur Hunde hören können – Themen, bei denen eine bestimmte Klientel verständnisinnig grinst.

Non-Themen

Aber es ist ja die ganze Regierung, die uns solche Non-Themen hinwirft ("Such's Apportl!"). Wer zum Beispiel hat schon massenhaft in Kindergärten und in Volksschulen Mädchen mit Kopftuch gesehen? Die Regierung – in dem Fall Kanzler Sebastian Kurz himself – macht ein Gewese darum, als wäre dies das größte gesellschaftliche Problem seit Abschaffung der Leibeigenschaft. Die Regierung will die Kinderbetreuungsfinanzierung an ein Kopftuchverbot in Kindergärten knüpfen. Der scheidende Neos-Chef Mathias Strolz hat völlig recht, wenn er sagt, "Symbolpolitik allein reicht jedenfalls für ernsthafte Integration nicht aus". Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner meint trocken: "Eine verfassungskonforme Bestimmung, wie das gehen soll, hat der Bund bisher nicht auf den Tisch gelegt."

Oder: Was, außer Sekkieren von Zuwanderern, ist die Abschaffung der Führerscheinprüfung auf Türkisch? Einsparungen? Dieses Witz-"Argument" der Kosteneinsparung hat Verkehrsminister Norbert Hofer schnell fallen lassen. Jetzt geht es um "Integration". Ja, eh, Integration durch Sekkatur, das ist die österreichische Lösung.

Hofer hat ja noch ein Thema, den Test fürs 140-km/h-Fahren auf 20 Kilometern Autobahn. Der Schwachsinn wird – wie alle vorher genannten Themen auch – breit und begeistert in den Apportl-Zeitungen hin- und hergewälzt. Spannend wäre eine repräsentative Umfrage, wie viel Prozent der Bevölkerung derlei wirklich interessiert.

Es ist Symbolpolitik und Camouflagepolitik, damit nicht auffällt, wenn mit dem geplanten "Standortentwicklungsgesetz" die Umweltprüfungen für Großprojekte praktisch ausgehebelt werden; wenn die Arbeitnehmervertreter aus den betrieblichen Prozessen großteils ausgeschlossen werden sollen; wenn der Regierungspartner FPÖ der vormaligen "Europapartei" ÖVP sich im EU-Parlament der "rechtsextremen Internationalen" anschließt. (Hans Rauscher, 24.7.2018)