Kommissionspräsident Juncker soll bei seinem Besuch in Washington den US-Präsidenten im Zollstreit besänftigen. Konkrete Angebote hat er aber nicht aus Brüssel mitgebracht.

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Washington – Donald Trump ist bekannt für Handschläge, die regelmäßig in ein Tauziehen entarten. Sein Gast am Mittwoch, Jean-Claude Juncker, küsst und umarmt lieber seine Amtskollegen. Die unterschiedlichen Zugänge passen zur Mission des EU-Kommissionspräsidenten: Juncker soll in Washington US-Autozölle abwenden, denn Trump droht mit einem Aufschlag von 20 bis 25 Prozent auf Pkws. Mögliche Spannungen sollten in dem Treffen "entdramatisiert" werden, sagte ein Sprecher der Kommission im Vorfeld.

Am Dienstag hatte Trump mit martialischen Tönen aufgewartet: "Amerika hisst niemals die weiße Fahne, wir hissen nur die rot-weiß-blaue (amerikanische) Flagge. Die Ära der wirtschaftlichen Kapitulation ist für die Vereinigten Staaten vorbei." Dann legte er nach: "Zölle sind das Größte."

Entgegenkommender äußerte sich US-Finanzminister Steve Mnuchin gegenüber der EU: "Wir würden ein Handelsabkommen akzeptieren, frei, ohne Zölle", sagte er beim Treffen der G20-Finanzminister am Wochenende. "Wir freuen uns auf ein Angebot", sagte Mnuchin mit Blick auf das anstehende Treffen.

Doch jegliche Erwartung der Amerikaner, dass Juncker bei seinem Treffen mit Trump mehr plant, als zu "schmoozen", dürfte enttäuscht werden. Der Kommissionspräsident stellte klar, dass er ohne konkretes Angebot komme. Denn einer Lösung des Handelsstreits steht einiges im Weg. Die Vorschläge, die bisher aufs Tapet gebracht wurden, bieten viel Reibungsfläche. Sowohl realpolitische Positionen als auch internationale Handelsregeln erschweren eine Beilegung des Zollstreits:

Autos zum Nulltarif

Nach einem Treffen des deutschen US-Botschafters Richard Grenell mit Vorstandschefs großer deutscher Autohersteller Anfang Juli sprachen sich beide Seiten für eine komplette Abschaffung von Autozöllen zwischen den USA und der EU aus. Der Vorstoß über diesen eher ungewöhnlichen Kanal kam in Brüssel nicht gut an.

Seit Jahren sind fremde Autos auf US-Straßen für Trump ein Dorn im Auge. Er will mehr Vehikel "made in America" sehen.
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Die EU erhebt derzeit einen Zoll von zehn Prozent auf Pkws, während die USA nur 2,5 Prozent einheben. Dieser Unterschied basiert jedoch auf jahrzehntelangen Verhandlungen, bei denen unterschiedlichste Tarife und Regeln abgeglichen wurden. Würden nur Autozölle eliminiert, hätte die EU klein beigegeben.

Außerdem verstößt eine punktuelle Abschaffung der Zölle für einzelne Handelspartner gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) – Entwicklungsländer und umfangreiche Freihandelsverträge ausgenommen.

Zollfreie Industriestaaten

Am Wochenende schlug US-Finanzminister Mnuchin vor, innerhalb der G7, des Klubs der größten Industriestaaten, Handelsbarrieren fallenzulassen. Diese Option würde zumindest garantieren, dass keine Seite klein beigeben müsste, weil alle am Ende ihre Märkte komplett öffnen.

Politisch regte sich trotzdem Widerstand: Frankreich entgegnete auf den US-Vorschlag im Namen der EU, dass solche Handelsgespräche nur zustande kämen, wenn Trump die Zölle auf Stahl und Aluminium sowie seine Drohung mit Autozöllen zurückziehe.

Laut den Regeln der Welthandelsorganisation müsste eine Ländergruppe wie die G7 alle Zollsenkungen, die untereinander beschlossen werden, auch Drittstaaten gewähren, ohne Gegenleistung. Für Outsider im Klub der größten Industriestaaten wie China oder Russland wäre dies ein Coup.
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Der G7-Vorschlag könnte jedoch auch am Regelwerk der WTO scheitern. Jede gegenseitige Begünstigung innerhalb einer Staatengruppe müsste auf andere WTO-Mitglieder ausgedehnt werden, erklärt Susanne Schrott, Handelsexpertin der Wirtschaftskammer.

Der Haken dabei: China, Indien, Brasilien oder Mexiko sind nicht Teil der G7. Sie würden ohne Gegenleistung vollen Marktzugang in der EU, den USA und Kanada erhalten. Ohne das etablierte WTO-System zu zerschlagen, würde die G7 keine eigene Suppe kochen.

Die eingeengte Diskussion geht an der Realität moderner Handelsbeziehungen vorbei, lautet eine Kritik unter Experten. "Die USA hören nur mit dem Zollohr", kritisiert auch Susanne Schrott. Eigentlich seien andere Handelsbarrieren wie Vorschriften und Regulierungen die wesentlichen Punkte bei modernen Freihandelsgesprächen. Erst dank Trump feiern Zölle ihr großes Comeback. (Leopold Stefan, 25.7.2018)