Zürich – Eine schnellere Rotation hat bisher noch niemand zustande gebracht: Forschern der ETH-Zürich ist es gelungen, Nanopartikel eine Milliarde Mal pro Sekunde um die eigene Achse zu drehen. Von den Messungen an den enorm schnell rotierenden Teilchen erhoffen sich die Forscher unter anderem neue Erkenntnisse über das Verhalten von Materialien bei extremen Belastungen.

Die Gruppe um den ETH-Professor Lukas Novotny hat ein nur einhundert Nanometer großes Glaspartikel – tausendmal kleiner als der Durchmesser eines Haares – derart manipuliert, dass es sich pro Sekunde mehr als eine Milliarde Mal um seine Achse dreht. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichten die Wissenschafter jüngst in der Fachzeitschrift "Physical Review Letters".

Glasteilchen, gepackt von einer Laserpinzette

Der technische Aufwand, um einen Gegenstand dazu zu bringen, sich derart schnell zu drehen, ist beträchtlich. "Wir fangen das Glasteilchen dazu in einer Vakuumapparatur mit Hilfe einer sogenannten optischen Pinzette ein", meint Rene Reimann, der als Postdoktorand in Novotnys Labor arbeitet.

Eine optische Pinzette ist ein stark gebündelter Laserstrahl, in dessen Brennpunkt das Glaspartikel durch Lichtkräfte in der Schwebe gehalten wird. Dies erlaubt es den Wissenschaftern, jeglichen direkten mechanischen Kontakt zwischen dem Partikel und der Außenwelt zu vermeiden, der zu Reibungsverlusten führen würde.

Die Polarisierung des Laserstrahls stellen die Forscher so ein, dass sie zirkular ist. Das bedeutet, dass die Richtung, entlang derer das elektrische Feld des Laserlichts schwingt, nicht wie bei der linearen Polarisation konstant ist, sondern sich kontinuierlich dreht.

Diese Drehung wiederum geht teilweise auf das Glaspartikel über, wenn das Laserlicht es durchquert. Durch das übertragene Drehmoment dreht sich das Nanopartikel nach und nach immer schneller.

Rotationsfrequenz von über einem Gigahertz

Um die Drehfrequenz zu messen, analysieren die Wissenschafter das Laserlicht der optischen Pinzette mit einem Photodetektor. Die Drehung des Glasteilchens erzeugt eine periodische Änderung in der Intensität des Lichts, das das Partikel durchquert hat. Daraus konnten Novotny und seine Kollegen errechnen, dass seine Rotationsfrequenz größer als ein Gigahertz (eine Milliarde Drehungen pro Sekunde) war.

"Vermutlich dreht es sich sogar noch schneller, doch mit unserem Photodetektor können wir momentan keine höheren Frequenzen messen", so Reimann. Mit einem schnelleren Detektor könnten sie Drehfrequenzen von bis zu 40 Gigahertz messen. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass das Nanopartikel explodiert, bevor es sich so schnell dreht.

Für die Nanotechnologie sind solche Messungen wichtig, da sich die Eigenschaften von Materialien auf der Nanoskala deutlich von denen größerer Objekte unterscheiden können. Die Herausforderung, Nanopartikel immer schneller drehen zu lassen, führe daher durchaus zu für die Praxis relevanten Erkenntnissen, schreibt die ETH weiter. (APA, red, 24.7.2018)