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Donald Trump soll dafür bezahlt habe, eine Affäre mit "Playboy"-Model Karen McDougal geheim zu halten.

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Michael Cohen, einst Vertrauensmann von Donald Trump, wendet sich gegen den Präsidenten.

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Washington – Donald Trump scheint geahnt zu haben, dass bald etwas kommen würde. "Merken Sie sich: Was Sie sehen und was sie lesen – das alles passiert gar nicht wirklich", sagte er am Dienstagabend bei einer Rede vor Veteranen. Wenige Stunden später gab es dann tatsächlich Neues zu sehen und zu lesen. Der TV-Sender CNN hat in der Nacht auf Mittwoch ein Tonband veröffentlicht, auf dem der damalige Präsidentschaftskandidat Donald Trump und sein langjähriger Anwalt Michael Cohen im Wahlkampf 2016 Geldzahlungen "für Informationen rund um unseren Freund David" besprechen.

Gemeint ist damit David Pecker, der Chef des Medienkonzerns AMI, dem unter anderem das Skandalblatt "National Enquirer" gehört. Dieses hatte in der Endphase des Wahlkampfes um 150.000 Dollar die Rechte an der Geschichte von "Playboy"-Model Karen McDougal gekauft, die eine Affäre mit Trump gehabt haben will – die Story aber nie veröffentlicht. Im Raum steht, dass es sich bei der Zahlung, die offenkundig zum Vorteil Trumps erfolgt ist, um illegale Wahlkampffinanzierung oder illegale, weil undeklarierte Wahlkampfausgaben handeln könnte – je nachdem, von wem das Geld stammte.

Das Tonband, das ein Anwalt des mittlerweile mit Trump zerstrittenen Cohen am Dienstag CNN weitergab, legt nun nahe, dass Trump und Cohen mit dem Zahlungsvorgang vertraut waren. Beweise für Illegales scheint es freilich nicht zu bieten – und auch belegt es nicht, dass Trump im vollen Ausmaß wusste, welche Zahlungen Cohen leistete.

Am Mittwoch attackierte Trump seinen ehemaligen Anwalt Cohen abermals via Twitter: "Welche Art von Anwalt nimmt einen Mandanten heimlich auf Band auf? So traurig!" Bereits am Samstag hatte er Ähnliches getwittert.

"Ich muss eine Firma gründen"

Zunächst geht es in der rund zweieinhalb Minuten langen Aufnahme ohnehin um Anderes: um die Sperrung von Trumps Scheidungspapieren mit seiner ersten Frau Ivana, die Cohen im Wahlkampf erwirkte, und um "gute Umfragen", die das Wahlkampfteam in der Endphase der Kampagne erhielt. Als es dann um die Zahlungen geht, ist Cohen deutlich besser zu verstehen als Trump.

Er tritt zunächst mit den Worten

"Ähem, ich muss eine Firma gründen für den Transfer der ganzen Informationen rund um unseren Freund David"

an Trump heran. Dieser scheint zunächst noch mit anderen Themen beschäftigt zu sein, reagiert dann aber mit den Worten

"Wir müssen dafür also zahlen? Eins-Fünfzig?"

auf die Ausführungen Cohens – es sind jene Worte, die am eindeutigsten zu belegen scheinen, dass der nunmehrige Präsident über die Zahlungen informiert war – denn immerhin wurden für die Informationen rund um die Affäre mit McDougal tatsächlich 150.000 Dollar bezahlt.

Vielleicht fährt ihn ein Lastwagen nieder

Anschließend folgt ein nur noch sehr kurzer Austausch, in dem Cohen erklärt, dass man die Informationen kaufen müsse, weil man nie sicher sein könne, was mit der Firma – gemeint ist AMI – und mit David Pecker passiere,

"Vielleicht fährt ihn ja ein Lastwagen nieder",

merkt Trump an.

Und schließlich folgt jener Teil, der am ehesten juristisch relevant ist: Cohen spricht darin von "der Finanzierung", worauf Trump sich erkundigt, "welche Finanzierung" denn gemeint sei – und Cohen erwidert, dass man ja "etwas zahlen" müsse und beide gleichzeitig sprechen. Der vielleicht relevanteste Teil der Unterhaltung geht dabei verloren – Trump ist darin mit dem Halbsatz

"… in bar zahlen"

zu hören, von dem CNN und Cohen behaupten, es handle sich um eine Anweisung, das Geld in bar, also nicht nachverfolgbar zu zahlen. Trumps Anwalt Rudy Giuliani behauptet hingegen, Trump sage "zahl nicht in bar!", was das Gegenteil bedeuten würde (und an Trumps Pressekonferenz mit Wladimir Putin erinnert, in der der Präsident gesagt haben will, er wisse nicht, wieso Russland nicht hinter den Hackingangriffen auf die US-Wahl stehe, während er in Wirklichkeit aber das Gegenteil sagte).

Von "wouldn't" zu "don't"

Wie auch immer: Cohen widerspricht dem Vorschlag Trumps, dieser wirft noch das Wort "Scheck" ein, und das Band endet abrupt.

Über die Interpretation entwickelte sich bereits kurz nach der Veröffentlichung ein heftiger Streit. Während Cohen, CNN und Gegner Trumps darin einen Beweis für Trumps Wissen über die Zahlungen an McDougal und seine allgemeine Vertrautheit mit dem Thema Schweigegeld sehen, interpretiert es Giuliani als Entlastung.

Er argumentiert, Trump wirke auf dem Band verwirrt und beharre im entscheidenden Moment darauf, die Zahlung nicht in bar, sondern "wegen der besseren Dokumentierbarkeit" via Scheck abzuwickeln. Ob es zu den Zahlungen seitens Trumps jemals gekommen ist, ist unklar – Beweise gibt es dafür bisher nicht, McDougal hat allerdings nachweisbar 150.000 Dollar für ihre Geschichte vom "National Enquirer" erhalten.

Vertrauensmann wird zum Feind

Unklar ist weiter auch, wieso es das Band überhaupt gibt. Die Aufzeichnung wurde im April im Zuge von Razzien in mehreren Wohnsitzen Cohens gefunden, gegen den wegen möglicher Verstöße gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung ermittelt wird. Dabei geht es vor allem um Gelder, die an Stephanie Clifford geflossen sein sollen, die unter dem Künstlernamen Stormy Daniels unter anderem in Pornos aufgetreten ist und ebenfalls behauptet, mit Trump eine Affäre gehabt zu haben. Offenbar hatte Cohen die Aufnahmen angefertigt, um im Fall von Ermittlungen gegen ihn sein eigenes juristisches Wohlverhalten belegen zu können – oder um etwas gegen Trump in der Hand zu haben.

Seitdem tatsächlich ermittelt wird, hat sich das Verhältnis zwischen Trump und Cohen jedenfalls massiv abgekühlt, Cohen wird seither juristisch von Lanny Davis vertreten, einem prominenten Anwalt, der auch Bill und Hillary Clinton schon mehrfach unterstützt hat. Trump hat offenkundig die Sorge, Cohen könnte mit den Ermittlungsbehörden zusammenarbeiten. Beide Seiten bestätigten am Dienstag erstmals auch, dass es weitere Tonbänder geben soll – die Rede ist von einem Dutzend. Was auf ihnen zu hören ist, ist noch unbekannt. (Manuel Escher, 25.7.2018)