Wien – Eine 51-Jährige ist tot, da Wolfgang F. ganz offensichtlich nicht ohne motorgetriebene Fahrzeuge leben kann. Und das, obwohl er seit 1994 keinen Führerschein mehr besitzt. Am 10. Februar donnerte der 44-Jährige mit seinem Jaguar auf der Neuwaldegger Straße frontal gegen den Hyundai der Frau, die einen Tag später an ihren Verletzungen starb. Nun muss sich F. wegen grob fahrlässiger Tötung vor Richterin Petra Schindler-Pecoraro verantworten.

Eine Vorstrafe hat der Pensionist, der eine Drogenersatztherapie absolviert, bereits. Im Februar 2017 wurde er zu vier Monaten bedingt verurteilt, da er mit einer gefälschten polnischen Fahrerlaubnis erwischt wurde. Gelernt hat er daraus nichts. Am 28. Dezember 2017 baute er in Wien schon einen Unfall, dessentwegen er der fahrlässigen Körperverletzung angeklagt ist.

Fahrerflucht mit Kennzeichenverlust

"Ich habe drei Personen mitgenommen gehabt, die haben mich dermaßen abgelenkt, dass ich an der Kreuzung die Ampeln verwechselt habe", bekennt sich der Angeklagte auch zu dieser Havarie schuldig. Er rammte den Querverkehr – und flüchtete. "Warum sind Sie nicht stehengeblieben?" will die Richterin wissen. "Aus Angst vor der Polizei, da ich keine Fahrerlaubnis habe." – "Kann es auch sein, dass Sie durch Ihre Medikamente beeinträchtigt waren?" – "Ja", gibt F. zu. Sehr sinnvoll war die Flucht nicht: Er hatte sein Kennzeichen verloren und konnte ausgeforscht werden.

Noch am selben Tag investierte er in den Jaguar, mit dem er am 10. Februar gegen 9.15 Uhr unterwegs war. Beeinträchtigt von zwei Medikamenten, einem Morphin und einem Beruhigungsmittel, die Sommerreifen aus dem Jahr 2003 halfen auf der regennassen Straße auch nicht unbedingt. "Ich bin 80 bis 85 km/h gefahren", schätzt der Angeklagte. "Ich habe mit meiner Verlobten gestritten, beim Wegdrücken der Freisprecheinrichtung bin ich in einer Kurve ins Schleudern geraten", erklärt er.

Der Unfallsachverständige Eduard Steinbauer kommt zu einem anderen Schluss: Er errechnete anhand der Schäden, dass F. mit 93 bis 118 km/h in die Kurve eingefahren sein muss, die maximal 70 km/h vertrug. Schleuderspuren konnte er nicht entdecken.

Beeinträchtigt auch auf dem Motorrad

Auch der Angeklagte wurde bei der Havarie schwer verletzt, gelernt hat er nichts daraus. Denn, wie die Richterin bekanntgibt, er wurde am 19. Juni bei einer Verkehrskontrolle neuerlich ertappt, diesmal fuhr er Motorrad. "Der Amtsarzt hat damals festgestellt, dass Sie nicht fahrtauglich gewesen sind", hält Schindler-Pecoraro F. vor. "Das sagen die dauernd", lautet die überraschende Reaktion. "Vielleicht stimmt es? Außerdem hatten Sie zehn Gramm Cannabis dabei." – "Das Motorrad ist mittlerweile auch weg. Ich will kein Auto und kein Motorrad mehr sehen", kündigt der Angeklagte an.

Das Urteil zeigt, dass die Justiz recht unberechenbar sein kann. Zur Erinnerung: Anfang Juli wurde ein 34-jähriger Unbescholtener nicht rechtskräftig zu zehn Jahren Haft wegen Mordes verurteilt, da er nach einem Streit mit seiner Lebensgefährtin plante, sich das Leben zu nehmen, mit 2,3 Promille durch Wien raste und schließlich eine Vespa rammte, wodurch zwei Menschen starben. Zusätzlich diagnostizierte eine psychiatrische Sachverständige eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, was zur Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher führte.

Bis zu drei Jahre Haft

Herr F. hat da deutlich mehr Glück mit Staatsanwaltschaft und Richterin. Bei einem Strafrahmen bis zu drei Jahren verurteilt ihn Schindler-Pecoraro zu 15 Monaten, vier davon unbedingt. Dem Unfallopfer aus dem Dezember muss er 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Nach kurzer Beratung mit seinem Verteidiger nimmt der Angeklagte das Urteil an, der Staatsanwalt gibt keine Erklärung ab, die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 25.7.2018)