Graz/Berlin – Nur eine einzige Atomlage "dick", ist die Kohlenstoff-Modifikation Graphen die größte Annäherung an ein zweidimensionales Material, die möglich ist. Weil die sechseckig-wabenartige Struktur von Graphen gleichermaßen stabil wie biegsam ist, gilt das Material in verschiedensten Bereichen als Hoffnungsträger.

Doch es ist nicht frei von Defekten: "Bei der Herstellung können strukturelle Defekte auftreten, weil die Reaktion nicht vollständig abläuft. Es können Stellen entstehen, an denen sich der Kristall nicht ordentlich ausbildet", sagt der Experimentalphysiker Leonhard Grill vom Institut für Chemie, Leiter der Arbeitsgruppe Single-Molecule Chemistry der Universität Graz.

"Kooperative" Defekte

Zusammen mit Kollegen aus Berlin und New York ist Grill mit Experimenten der Frage nachgegangen, wie sich solche Defekte auf die elektrische Leitfähigkeit von Graphen auswirken. Dafür haben die Forscher einen Graphendraht im Nanoformat auf einer Goldoberfläche "zusammengebaut". Durch gezielte Veränderung der Probentemperatur konnten sie die Defektdichte in der Molekülkette steuern und das Material im Rastertunnel- und Rasterkraftmikroskop beobachten.

Dabei stießen sie auf ein erstes Phänomen: "Wir haben beobachtet, das strukturelle Fehler in Gruppen auftreten und sie auch in Gruppen 'ausgeheilt' werden können. Die Defekte verhalten sich sozusagen kooperativ", so Grill.

Anschließend haben die Forscher den hauchfeinen Draht mit einer sehr feinen Spitze des Rastersondenmikroskops von der Goldunterlage hochgezogen, um die mechanischen Eigenschaften in Zusammenhang mit dem elektrischen Verhalten zu untersuchen. Hier zeigte sich: Je mehr Defekte der Graphendraht hatte, umso mehr konnte er gebogen werden. Die Fehler machen das Material demnach flexibel.

Leitfähigkeit bleibt unberührt

Das Fazit der in "Physical Review Letters" veröffentlichten Untersuchung: Defekte in gewissen Bereichen haben nahezu keine negative Auswirkung. "Interessanterweise stellte sich heraus, dass die Anzahl der Defekte kaum Einfluss auf die elektronischen Eigenschaften und die elektrische Leitfähigkeit hat", sagt Grill.

Das könne vor allem bei Elektronik, die mechanisch flexibel sein sollte, von Interesse sein. Immerhin gelten Graphendrähte als aussichtsreiche Kandidaten für miniaturisierte Bauteile in Computern und anderen elektronischen Schaltungen. (APA, red, 26. 7. 2018)