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Bisher ging man davon aus, dass der Neandertaler das Feuer von natürlicher Bränden, etwa durch Blitzschläge, gewann.
Foto: REUTERS/Nikola Solic

Leiden – Homo sapiens war offenbar nicht die einzige Menschenart, die es geschafft hat, selber ein Feuer zu entzünden. Aktuelle Erkenntnisse lassen vermuten, dass bereits der Neandertaler vor 50.000 Jahren wusste, wie man Flammen entfacht. Dass er tatsächlich die entsprechenden Fähigkeiten besaß, dafür wollen nun Forscher um Andrew Sorensen von der niederländischen Universität Leiden nachgewiesen haben.

Umstrittene Feuerfähigkeiten

Der Neandertaler nutzte das Feuer für seine Zwecke, davon zeugen bereits ab der mittleren Altsteinzeit Überreste von Lagerfeuern oder verkohlten Nahrungsmitteln. "Seit langem schon wird in der Fachwelt debattiert, ob der Neandertaler aber auch die Fähigkeit besaß, von sich aus ein Feuer zu entzünden, oder ob er auf natürliche Quellen wie etwa von Blitzschlägen verursachte Waldbrände angewiesen war", meint Sorensen.

Die Analyse von 30 Neandertaler-Faustkeilen, die in den Niederlanden und Frankreich gefunden wurden, könnten nun dabei helfen, diesen Disput beizulegen: Die Forscher entdeckten bei ihrer Untersuchungen mit Mikroskopen winzige Spuren, die laut Sorensen nur daher rühren konnten, dass jemand mit Pyritkristallen auf die Feuersteine schlug und so Funken erzeugt hat.

Die Untersuchung von Neandertaler-Faustkeilen lässt für Andrew Sorensen und seinen Kollegen keinen Zweifel: Auch unsere nächsten Verwandten konnten Feuer selbst entfachen. Hinweise darauf liefern entsprechende Feuerschlag-Spuren auf den Faustkeilen (rechte, vergrößerte Aufnahme).
Foto: Sorensen et al. /Universität Leide

Des Neandertalers "Schweizer Messer"

Experimente mit nachgebauten "Steinzeitfeuerzeugen" untermauerten diese Befunde: Keine andere Tätigkeit hinterließ diese charakteristischen Abschlagmarkierungen. "Der Faustkeil war praktisch das Schweizer Messer der Neandertaler: Sie nutzten ihn für alles", sagt Sorensen. "Aber allein das Feuermachen mit Pyrit hätte genau dieses Muster von Nutzungsspuren hinterlassen. Diese Kratzer und Schläge bekommt man, wenn man ein Stück Pyrit gegen ein Stück Feuerstein schlägt, um Funken zu erzeugen."

Für die Wissenschafter besteht daher kaum mehr ein Zweifel daran, dass der Neandertaler schon vor etwa 50.000 Jahren das Feuerschlagen beherrschten. Dies wiederum zeige, was schon zahlreiche andere Funde vermuten lassen: Der Neandertaler war alles andere als jenes tumbe, grobschlächtige Wesen, für den man ihn lange Zeit gehalten hat. (tberg, 29.7.2018)